Görlitz. – Der Landkreis Görlitz musste in den vergangenen Jahren Kredite aufnehmen, um Pflichtaufgaben des Freistaates Sachsen vorzufinanzieren – darunter insbesondere die Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländer (umA). Das geht aus der Antwort von Landrat Dr. Stephan Meyer auf eine Anfrage des Kreisrates Jens Hentschel-Thöricht (BSW/FWZ) hervor. Die dadurch entstandenen Zinskosten von über 180.000 Euro bleiben am Landkreis hängen.
💰 Freistaat zahlt verspätet – Landkreis zahlt Zinsen
Wie aus der Antwort des Landrates hervorgeht, verzögert sich die Kostenerstattung durch den Freistaat Sachsen regelmäßig. Um die gesetzlichen Aufgaben weiter erfüllen zu können, musste der Landkreis kurzfristig Kredite aufnehmen – mit erheblichen finanziellen Folgen.
Eine gesetzliche Grundlage für die Erstattung dieser Zinsaufwendungen existiert nicht. Auch liegen nach Angaben des Landrates keine Pläne des Freistaates vor, künftig Zinsentschädigungen zu übernehmen.
⚠️ „Ein Unding, dass der Landkreis für Landesaufgaben Schulden machen muss“
Der Görlitzer Kreisrat Jens Hentschel-Thöricht (BSW/FWZ) reagierte mit deutlicher Kritik auf diese Praxis:
„Es ist ein Unding, dass der Landkreis für Aufgaben, die der Freistaat zu finanzieren hat, Kredite aufnehmen muss. Damit wird die ohnehin angespannte Haushaltslage weiter verschärft. Wenn der Freistaat seine Pflichtaufgaben nicht rechtzeitig bezahlt, darf das nicht zulasten der Kommunen gehen.“
Hentschel-Thöricht, der zugleich Mitglied des Sächsischen Landtages ist, fordert eine klare gesetzliche Regelung:
„Der Freistaat muss endlich verlässliche Zahlungsfristen schaffen und Verzugszinsen übernehmen. Landkreise und Städte dürfen nicht länger in Vorleistung gehen und am Ende auch noch Zinsen dafür zahlen.“
🧾 Kommunen fordern gerechte Finanzausstattung
Die Fraktion BSW/FWZ im Kreistag Görlitz sieht in diesem Fall ein deutliches Beispiel für die strukturellen Probleme der kommunalen Finanzierung. Während die Landkreise gesetzlich verpflichtende Aufgaben erfüllen müssen, bleibt die Finanzierung oft unzureichend oder verspätet.
„Sicherheit und soziale Aufgaben dürfen nicht am Geld scheitern“, heißt es in der Pressemitteilung. Der Freistaat müsse seiner Verantwortung gegenüber den Kommunen endlich gerecht werden.
🧭 Kommentar der Redaktion
Die Schuldenfrage der Kommunen ist längst ein systemisches Problem: Der Freistaat delegiert Aufgaben – aber nicht immer das nötige Geld. Wenn Landkreise für staatliche Pflichten Kredite aufnehmen müssen, ist das ein Signal für strukturelles Versagen.
Wer auf Dauer die kommunale Handlungsfähigkeit sichern will, muss die Finanzströme ehrlicher, transparenter und verlässlicher gestalten.


