đ° Einleitung Vier Monate nach Amtsantritt fällt das Stimmungsbild deutlich ab: Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung sinkt auf rund ein FĂźnftel, während die AfD in der Sonntagsfrage zur Union aufschlieĂt. Damit rĂźckt die Frage in den Mittelpunkt, welchen Anteil der Kanzler selbst an der Lage hat und was dem schwierigen Umfeld geschuldet ist. Die Zahlen markieren einen Problemdruck, den das Kanzleramt nicht länger wegmoderieren kann.
đ§Š Hintergrund Die Erwartungen an die neue Regierung waren hoch: wirtschaftliche Wende, verlässliche Energiepreise, ein besserer Kurs in der Migration und weniger BĂźrokratie â all das unter den Zwängen von Schuldenbremse und schwachem Wachstum. Zugleich muss eine politisch heterogene Koalition zusammengehalten und auĂen- wie sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit demonstriert werden. Der Start war damit von Beginn an ein Stresstest â politisch, kommunikativ, organisatorisch.
đŻ RegierungsfĂźhrung und Prioritäten Konservative Wähler erwarten klare Richtung, Disziplin im Kabinett und ein geordnetes Gesetzgebungstempo. Tatsächlich Ăźberlagerten parallel verhandelte GroĂthemen â Haushalt, Wirtschaftspaket, Migration, Sicherheit â die Agenda und erzeugten den Eindruck eines Regierungsbetriebs im âDauerâAlarmâ, ohne konsequent erklärte Prioritäten. DafĂźr trägt das Kanzleramt Verantwortung: Wer fĂźhren will, muss fokussieren.
đŁď¸ Kommunikation Der Ton des Kanzlers hat sich vom pointierten Wahlkampfauftritt zur nĂźchternen Amtsrhetorik gewandelt, jedoch nicht konsequent an die neuen Erwartungen angepasst. Wo Verlässlichkeit gefragt ist, lieĂen Kurswechsel oder halbe Ansagen ZĂśgern erkennen. Kommunikation ist kein Beiwerk, sondern entscheidet darĂźber, ob der BevĂślkerung MĂźhen zugemutet und Erfolge sichtbar gemacht werden.
đ¤ Koalitionsmanagement Reibungen zwischen den Partnern sind normal, doch die Ăśffentliche Eskalation beschädigt die Regierung insgesamt. Das Kanzleramt muss Konflikte frĂźher schlieĂen und Differenzen intern beilegen. FĂźhrung in Koalitionen heiĂt moderieren â und am Ende die Linie setzen.
đ Politikumfeld Schwaches Wachstum, globale Unsicherheit und anhaltender Migrationsdruck verschärfen jede Entscheidung. Dieser Befund erklärt viel, aber nicht alles. Auch in rauer See kann gute FĂźhrung Vertrauen stabilisieren.
đ Umfragebild Nach einem kurzen Startbonus Ăźberwog rasch Skepsis: In ARDâErhebungen fiel die Zufriedenheit mit der schwarzâroten Regierung im Spätsommer auf etwa 22 Prozent; Anfang Oktober lag die Union in der Sonntagsfrage nur noch gleichauf mit der AfD â ein Warnsignal fĂźr die gesamte Mitte. Das schwierige Umfeld spielt eine Rolle, doch die Zahlen spiegeln ebenso Defizite in FĂźhrung und Erwartungsmanagement.
đ§ Fazit und Kurs Der Kanzler trägt einen relevanten, wenn auch nicht alleinigen Anteil an den schwachen Werten. Kurzfristig entscheidend sind drei Stellhebel: erstens Ordnung in der Sache mit einem knappen, unumstĂśĂlichen Regierungsprogramm und wenigen, messbaren Vorhaben â von einer Steuernâ und Abgabenbremse fĂźr Leistungsträger und Mittelstand Ăźber schnelleren Vollzug bei Migration bis zu mehr Tempo beim Planen und Bauen; zweitens Ordnung im Auftritt mit weniger AdâhocâAnkĂźndigungen und mehr belastbaren Etappenberichten samt klaren Verantwortlichen und Terminen; drittens Ordnung in der Koalition, indem Konflikte vor Entscheidungen geklärt und die Richtung frĂźh erklärt wird, bevor die Ressorts liefern. Ohne stringente FĂźhrung, verlässliche Kommunikation und disziplinierte Koalitionsarbeit bleibt der Gegenwind politisch selbstverschuldet â und die Umfrageflaute ebenso.
đ¨ď¸ Kommentar der Redaktion Die Diagnose ist eindeutig: Es fehlt an Fokus, Takt und Disziplin. Wer Vertrauen der Mitte zurĂźckgewinnen will, muss zuerst Ordnung schaffen â in der Sache, im Auftritt, in der Koalition. AdâhocâPolitik und Ăśffentliche Koalitionsstreitigkeiten sind Luxus, den sich eine Regierung in dieser Lage nicht leisten kann. Ein Kanzler, der fĂźhrt, setzt Prioritäten, hält Kurs und verlangt Umsetzung ohne AusflĂźchte. Solange diese Standards nicht gelten, bleibt die Parität von Union und AfD Mahnung und Menetekel gleichermaĂen.


