Düsseldorf. Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen zeigen ein klares Bild: Die Mitte verliert an Gewicht. Während die CDU sich als letzte Volkspartei feiern darf, kratzt die AfD mit ihrem Stimmenzuwachs am Image der Etablierten. Die SPD rettet sich mit wenigen Achtungserfolgen, die Grünen rutschen ab – und die Koalition in Düsseldorf könnte ins Wanken geraten.
🔵 CDU als letzte Volkspartei
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gab sich nach der Wahl gelassen. Trotz SPD-Pleite sieht er die Arbeit in der Berliner Koalition nicht gefährdet. „Die SPD sei nicht mehr so stark, wie sie es mal war“, erklärte er und verwies darauf, dass die CDU in NRW weiterhin dominierende Kraft sei.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sprach von der „letzten verbliebenen Volkspartei“ im Land. Tatsächlich stellt die CDU mittlerweile über die Hälfte aller Hauptverwaltungsbeamten. In Dortmund gelang sogar ein symbolträchtiger Sieg: das Rathaus ging nach Jahrzehnten in CDU-Hand über.
🌹 SPD: Niederlagen mit Ausnahmefällen
Die SPD musste bittere Verluste hinnehmen – u.a. in Dortmund. Doch Fraktionschef Jochen Ott versuchte Optimismus zu verbreiten. Er verwies auf Siege in Stadtteilen Kölns, wo die SPD ungewöhnlich hohe Zustimmungswerte erzielte. Otts Botschaft: Die SPD könne „verbinden“. In Wahrheit aber ist die einstige Volkspartei weit entfernt von ihrer alten Stärke.
🌱 Grüne: Ernüchterung und Selbstkritik
Für die Grünen war es ein desaströser Abend. Nur in Münster konnte man einen Bürgermeister-Sieg feiern, ansonsten setzte es deutliche Verluste in den Großstädten. Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur bemühte sich um positive Worte, räumte aber ein: „Es ist uns nicht gelungen, das Vertrauen in gleichem Maße zu festigen.“
Die Grüne Jugend forderte sofort eine „klare Profilschärfung“ – mit mehr Fokus auf Klima- und Sozialpolitik. Das Risiko: Eine zerrissene Koalition, in der die Grünen künftig stärker auf Konfrontation setzen.
🔴 AfD: Selbstbewusst wie nie
AfD-Landeschef Martin Vincentz wertete die Wahl als Erfolg: „AfD-Bürgermeister im Westen sind nicht mehr undenkbar, sondern nur noch eine Frage der Zeit.“ Mit dem Fingerzeig auf die „immer absurderen Anti-AfD-Bündnisse“ sieht sich die Partei weiter gestärkt.
🟡 Analyse: Die Mitte verliert, die Ränder wachsen
Politologe Thomas Poguntke stellte klar: Alle Parteien der Mitte mussten Federn lassen. Zwar feiert die CDU Siege, doch die AfD kratzt bereits an der kommunalen Machtbasis. Für Wüst bedeutet das Rückenwind – aber auch ein drohender Koalitionsstreit mit den Grünen.
📝 Fazit
Die NRW-Wahlen zeigen: Die Volksparteien verlieren an Substanz, die AfD gewinnt an Boden. CDU und SPD sprechen von Stabilität, doch die Realität ist ein bröckelndes Vertrauen in die Mitte und ein Erstarken der politischen Ränder.
💬 Kommentar der Redaktion
Die rote Herzkammer schlägt nicht mehr. Die SPD liegt am Boden, die Grünen haben ihre Wähler verprellt. Die CDU profitiert, doch nur, weil sie noch als kleineres Übel gilt. Gleichzeitig wächst die AfD – nicht trotz, sondern wegen der Politik der Mitte. Wenn die Koalitionen weiter auf Abgrenzung setzen, statt Probleme wie Migration, Sicherheit und Wirtschaft ehrlich anzugehen, wird die Mitte endgültig zerbröseln.


