📰 Einleitung Woran glauben „Mormonen“? Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage versteht sich als christliche Gemeinschaft mit eigenem Schriftkanon, einer eigenständigen Gottesvorstellung und deutlich umrissenen Jenseitslehren. Dieser Bericht ordnet zentrale Glaubenssätze, historische Eckdaten und umstrittene Punkte aus konservativer, faktenbasierter Perspektive.
🕰️ Hintergrund Die Bewegung entstand im 19. Jahrhundert in den USA. 1830 organisierte Joseph Smith die Kirche und veröffentlichte das Buch Mormon, das nach eigener Darstellung eine heilige Geschichte altamerikanischer Völker überliefert. Nach schweren Konflikten und Smiths Ermordung 1844 fand die Gemeinschaft unter Brigham Young in Utah eine neue Basis; Salt Lake City wurde zum Zentrum. Missionstätigkeit prägte die Ausbreitung von Beginn an.
📖 Schriftkanon Neben der Bibel gelten weitere Schriften als verbindlich, insbesondere das Buch Mormon sowie spätere Offenbarungen. „Lehre und Bündnisse“ und weitere Texte bilden zusammen mit der Bibel die maßgebliche Lehre. Damit unterscheidet sich die Kirche vom theologischen Mainstream, der in der Regel einen abgeschlossenen Kanon anerkennt.
✝️ Gottesbild und Christusglaube Die Kirche bekennt sich zu Gottvater, Jesus Christus und dem Heiligen Geist, versteht diese jedoch als drei voneinander getrennte, göttliche Wesen, nicht als trinitarische Einheit. Das markiert eine klare Abweichung von der klassischen christlichen Trinitätslehre.
💧 Heil, Sakramente und Amt Die Lehre betont persönliche Umkehr, Glauben und den Empfang kirchlicher Verordnungen wie Taufe durch Untertauchen und Handauflegung. Ein fortdauernder Offenbarungsglaube stützt die Vorstellung, dass die Kirche durch Prophetenführung göttliche Weisung erhält.
🌌 Jenseitslehre Die Heilsvorstellung ist gestuft: Treue Gläubige sollen im „celestial kingdom“ die Fülle Gottes empfangen; daneben werden weitere Herrlichkeitsgrade „terrestrial“ und „telestial“ gelehrt. Zu den Besonderheiten zählt die stellvertretende Taufe für Verstorbene. Die Kirche betont zudem die Möglichkeit der „Erhöhung“ – die Teilhabe an göttlicher Fülle bis hin zur Vergöttlichung –, was theologisch über den klassischen Protestantismus und Katholizismus hinausgeht.
⚖️ Historische Streitpunkte Die frühe mormonische Polygamie wurde im 19. Jahrhundert offiziell praktiziert und 1890 aufgegeben. Konservative Beobachter werten die spätere klare Distanzierung als notwendige Anpassung an Recht und Ordnung; Kritiker sehen darin eine Zäsur, die das Selbstverständnis der Kirche nachhaltig geprägt hat.
🧭 Einordnung Auffällig ist eine Doppelbewegung: ein betont christologischer Anspruch mit starker Ethik des persönlichen Lebenswandels einerseits und substanzielle Differenzen zur klassischen Dogmatik andererseits. Die eigenständige Schrifttradition, das tritheistische Gottesverständnis, die Jenseitsstufen und die Idee der Erhöhung markieren klare Bruchlinien zur historischen Lehre der großen Kirchen. Befürworter verweisen auf das Motiv der Wiederherstellung, missionarische Vitalität und eine dichte Gemeindekultur; Skeptiker kritisieren zusätzliche Offenbarungsquellen und eine aus ihrer Sicht zu optimistische Anthropologie.
📌 Fazit Die Kirche der Letzten Tage verbindet rigorosen Schriftglauben, ausgeprägten Ordnungs- und Gemeinschaftssinn und eine konsequente Jenseitshoffnung mit Lehrentscheidungen, die sie dauerhaft außerhalb des ökumenischen Konsenses positionieren. Wer die Glaubensgemeinschaft verstehen will, muss beides anerkennen: ihren deutlichen christlichen Selbstanspruch und die theologische Eigenständigkeit, die sie von den großen Konfessionen trennt. Für die öffentliche Debatte empfiehlt sich ein nüchterner Blick: Die Kirche ist weder mit Klischees zu fassen noch mit vorschnellen Gleichsetzungen. Entscheidend sind die eigenen Quellen und die Fähigkeit, Unterschiede präzise zu benennen.
🗨️ Kommentar der Redaktion Die Kirche der Letzten Tage überzeugt durch klare Ordnung, missionarische Vitalität und eine Ethik des persönlichen Lebenswandels. Dennoch sind die Abweichungen vom klassischen Dogma – insbesondere vom trinitarischen Verständnis, vom abgeschlossenen Kanon und von der traditionellen Jenseitslehre – erheblich. Dialog ja, Gleichsetzung mit der historischen Lehre der großen Kirchen nein. Wer Verantwortung trägt, benennt Unterschiede präzise und verwechselt Selbstanspruch nicht mit ökumenischem Konsens. Respekt erfordert Deutlichkeit, gerade dort, wo überzeugte Wiederherstellung auf gewachsene kirchliche Tradition trifft.


