🕵️ Skepsis in Brüssel In Brüssel wächst die Skepsis gegenüber Überlegungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, eine neue nachrichtendienstliche Einheit im Generalsekretariat der Kommission aufzubauen. Befürworter sehen darin eine Reaktion auf hybride Bedrohungen und verdeckte Einflussnahmen. Kritiker warnen hingegen vor Machtverschiebungen und einer unnötigen Parallelstruktur.
🧩 Hintergrund und bestehende Strukturen In den Reihen der Mitgliedstaaten wird das Projekt mit Argwohn betrachtet, weil es bereits die Single Intelligence Analysis Capacity gibt – den Zusammenschluss aus dem zivilen Lage- und Analysezentrum Intcen sowie der militärischen Nachrichtendienststruktur EUMS INT. Diese Plattform bündelt heute schon Informationen aus den nationalen Diensten.
🛡️ Argumente der Kommission Die Kommission entgegnet, eine kleine neue Stelle könne die eigenen Sicherheits- und Nachrichtendienstfähigkeiten gezielt stärken. Im Fokus stünden hybride Bedrohungen, wirtschaftspolitische Einflussversuche von Drittstaaten und die Instrumentalisierung von Migration. Laut Kommissionssprecherin befinden sich die Pläne in einem frühen Stadium; vorgesehen ist lediglich eine Handvoll Experten.
🧠Platzierung und Arbeitsweise Kern der Überlegung ist, Fachleute direkt im Generalsekretariat – und damit in unmittelbarer Präsidialnähe – anzusiedeln. Die Einheit soll Informationen aus nationalen Diensten beziehen, sie auswerten und der Kommission verfügbar machen.
⚖️ Institutionelle Risiken Kritiker verweisen darauf, dass Intcen dem Europäischen Auswärtigen Dienst untersteht; eine neue Zelle im Berlaymont könnte Kompetenzen des EAD und der Außenbeauftragten Kaja Kallas faktisch beschneiden. Diplomaten warnen vor Reibungsverlusten, Doppelstrukturen und internen Machtkämpfen. Aus mehreren Hauptstädten wird Widerstand erwartet, sollte Brüssel in diesem sensiblen Politikfeld eigenständige Kapazitäten aufbauen.
📌 Konservative Maßstäbe und Bedingungen Sicherheit braucht klare Zuständigkeiten, sparsame Strukturen und politische Kontrolle. Bevor neue Einheiten entstehen, sollte strikt geprüft werden, ob bestehende Mittel ausreichen und wie Überschneidungen verhindert werden können. Erforderlich sind insbesondere:
- Ein transparenter Auftrag
- Eine schlanke Personaldecke
- Eine eindeutige Einbindung in bestehende Verfahren
- Die Zustimmung der Mitgliedstaaten
🔎 Bewertung und Ausblick Solange die bestehende SIAC gestärkt und reformiert wird, ist die Notwendigkeit einer zusätzlichen Kommissionszelle nicht belegt. Andernfalls drohen Kompetenzgerangel, ineffiziente Doppelarbeit und Vertrauensverluste zwischen Brüssel und den nationalen Regierungen. Der weitere Umgang mit den frühen Planungen wird zum Test, wie ernst die EU ihre Maxime der Subsidiarität und haushalterischen Disziplin nimmt.
🗨️ Kommentar der Redaktion Ein neuer Apparat im Berlaymont überzeugt weder organisatorisch noch politisch. Sicherheit gewinnt, wenn vorhandene Strukturen wie die SIAC konsequent genutzt und verbessert werden, nicht durch zusätzliche Ebenen. Ohne klaren Auftrag und ausdrückliche Zustimmung der Mitgliedstaaten gehört das Projekt gestoppt. Eine in Präsidialnähe angesiedelte Zelle birgt das Risiko einer schleichenden Kompetenzverschiebung und doppelter Arbeit. Subsidiarität und Haushaltsdisziplin sind Grundprinzipien – wer sie missachtet, gefährdet Vertrauen und Effizienz.


