Grenzkontrollen in Sachsen ausgeweitet: Mehr als 2.000 Zurückweisungen – Zittau und Görlitz im Fokus der Flüchtlingsroute
Zittau/Görlitz/Dresden, 22. Juni 2025 – Sachsen steht erneut im Zentrum der deutschen Migrationsdebatte. Wie aus einem aktuellen Lagebericht des Bundesinnenministeriums hervorgeht, wurden allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres über 2.100 Menschen an Sachsens Außengrenzen zurückgewiesen. Betroffen sind insbesondere die Grenzregionen zu Polen und Tschechien, darunter auch das Dreiländereck rund um Zittau, Görlitz, Großschönau und das benachbarte Oybin.
Die Zahlen markieren einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahr und unterstreichen die wachsende Bedeutung der „Ost-Route“, die sich als Hauptkorridor für unerlaubte Einreisen über Belarus, Polen und Tschechien etabliert hat.
Oberlausitz als Brennpunkt: Grenzregion unter Dauerbelastung
Vor allem die Bundespolizeiinspektion Ebersbach sowie die Einheiten in Görlitz und Ludwigsdorf stehen unter massivem Einsatzdruck. Im Gebiet zwischen Zittauer Gebirge, Neiße und Autobahn A4 werden täglich Personen ohne gültige Papiere oder mit unklarem Aufenthaltsstatus aufgegriffen.
„Wir erleben eine enorme Zunahme organisierter Schleusungen über unkontrollierte Übergänge – vor allem über Feldwege, Wälder und stillgelegte Grenzpfade“, erklärt ein Sprecher der Bundespolizei. Die Beamten berichten von systematisch eingesetzten Fahrzeugen mit gefälschten Kennzeichen, gestohlenen Ausweisen und zunehmend aggressivem Verhalten gegenüber Kontrollkräften.
Besonders betroffen sind die Zittauer Ortsteile Hartau, Hirschfelde und Großporitsch, die direkt an der Grenze liegen. Auch dort ist die Präsenz der Polizei deutlich gestiegen – mit mobilen Teams, Nachtsichttechnik und Drohneneinsätzen.
Innenminister Schuster warnt: „Kontrolle statt Kontrollverlust“
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sieht sich in seinem harten Kurs bestätigt. In einer Pressekonferenz in Dresden betonte er:
„Wir können und dürfen nicht tatenlos zusehen, wie kriminelle Schleuserbanden unsere Rechtsordnung aushebeln. Wer ohne Schutzgrund einreist, muss mit Zurückweisung rechnen.“
Schuster fordert verstärkte Grenzpatrouillen, mehr Personal für die Bundespolizei sowie eine Reform des europäischen Grenzschutzes. Zugleich fordert Sachsen eine bessere Koordinierung mit Polen und Tschechien – in Form gemischter Einsatzteams und digitaler Grenzüberwachung.
Belastung für Unterkünfte und Kommunen
Die steigenden Migrationszahlen belasten auch die kommunalen Strukturen. In den Landkreisen Bautzen und Görlitz stoßen Erstaufnahmeeinrichtungen und Flüchtlingsunterkünfte zunehmend an Kapazitätsgrenzen. In Görlitz wurden zuletzt Turnhallen wieder notdürftig als Übergangsquartiere eingerichtet.
Der Landrat von Görlitz, Stephan Meyer (CDU), fordert vom Bund: „Wir brauchen nicht nur Kontrolle an den Grenzen, sondern endlich auch planbare, langfristige Lösungen für die Verteilung und Integration. Unsere Kommunen sind am Limit.“
Zivilgesellschaft im Zwiespalt
In der Bevölkerung ist die Stimmung gemischt. Während viele Bürger in Zittau und Umgebung die verstärkten Kontrollen begrüßen und sich mehr Sicherheit erhoffen, warnen Flüchtlingshelfer und Menschenrechtsorganisationen vor einer „Abschottungspolitik“, die menschenrechtliche Standards untergräbt.
„Es gibt Fälle, in denen Schutzsuchende keinen Zugang zum Asylverfahren erhalten, obwohl sie dazu rechtlich berechtigt wären“, kritisiert eine Helferin des Vereins „Willkommen in der Oberlausitz“. Sie berichtet von verirrten Geflüchteten, die nachts im Wald aufgelesen werden – oft erschöpft, unterkühlt und ohne Orientierung.
EU-Migrationspolitik und nationale Umsetzung
Die Entwicklung steht auch im Kontext des neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), das strengere Regeln für Registrierung, Verteilung und Rückführungen vorsieht. Deutschland hat unter Kanzler Olaf Scholz zugesagt, temporäre Grenzkontrollen in besonders betroffenen Regionen wie Sachsen weiterzuführen.
Im Fokus steht dabei die Frage, wie die europäische Außengrenze gestärkt, aber zugleich das Recht auf Asyl gewahrt werden kann – eine Gratwanderung zwischen Sicherheit und Menschlichkeit, die auch in der Oberlausitz realpolitisch spürbar ist.
Fazit: Sachsen zwischen Humanität und Grenzsicherung
Die Oberlausitz steht exemplarisch für die Herausforderungen deutscher und europäischer Migrationspolitik: Schleuserrouten, Überforderung der Kommunen, Angst in der Bevölkerung – und ein Staat, der versucht, zwischen Verfassungstreue und Grenzschutz zu vermitteln.
Die kommenden Monate könnten richtungsweisend werden. Nicht nur für Sachsens Grenzregionen, sondern für ganz Deutschland.