🏨 Wenn Hoffnung zur Belastungsprobe wird

Ein Gastgeber schreibt, was viele denken – ein stiller Hilferuf aus der Oberlausitz

In der Oberlausitz kämpfen viele kleine Pensionen, Ferienhäuser und Hotels ums Überleben.
Die Gäste bleiben aus, die Kosten steigen, und bürokratische Lasten wie die Gäste-Taxe sorgen für zusätzlichen Druck.
Was in politischen Sitzungen als „notwendiger Beitrag“ gilt, bedeutet für viele Betriebe den Kampf um die Existenz.

Ein Gastgeber hat jetzt einen offenen Brief an die Interessengemeinschaft der regionalen Tourismusbetriebe geschrieben – ehrlich, verzweifelt und ohne Polemik.
Er beschreibt, was hinter den geschlossenen Türen vieler Betriebe passiert: Stillstand, Enttäuschung und die Angst vor dem Ende eines Lebenswerks.

Seine Worte stehen exemplarisch für eine ganze Branche, die langsam die Hoffnung verliert.


Liebe Mitglieder der Interessengemeinschaft,

ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für euer Engagement, eure Beharrlichkeit und euer Herzblut bedanken. Ich habe eure Arbeit in den vergangenen Monaten aufmerksam verfolgt, jeden Beitrag gelesen, jede Stellungnahme, jede Initiative. Es war wohltuend zu sehen, dass sich jemand für uns Gastgeberinnen und Gastgeber starkmacht – sachlich, respektvoll und mit einem klaren Blick für die Realität vor Ort.

Leider muss ich sagen: Für meinen Betrieb kommt all das Engagement wahrscheinlich zu spät. Die Buchungen ab November sind eingebrochen – wie ein Stein, der ins Wasser fällt. Wo in den letzten Jahren um diese Zeit bereits viele Reservierungen eingegangen sind, herrscht nun völlige Stille.

Wir haben lange auf die Vernunft der Verwaltung gehofft. Wir haben gewartet, dass man erkennt, was diese Entwicklung für kleine Betriebe bedeutet. Aber sie kam nicht – oder sie kam zu spät.

Am 1. November werden wir Kurzarbeit anmelden müssen. Und wenn sich nichts ändert, wenn die Gäste fernbleiben und die Belastungen so bleiben, dann wird bald auch das Wort Insolvenz unausweichlich werden.

Ehrlich gesagt: Diese Entwicklung hat sich seit der Einführung der Gäste-Taxe abgezeichnet. Viele von uns haben damals schon gewarnt, dass die zusätzlichen Hürden, die Unsicherheit und die negative Wahrnehmung bei Gästen Folgen haben würden. Jetzt sehen wir sie schwarz auf weiß – in den Buchungszahlen, in den Gesichtern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich Sorgen um ihre Zukunft machen.

Ich schreibe diesen Brief nicht aus Trotz oder Bitterkeit, sondern aus tiefer Enttäuschung. Enttäuschung darüber, dass gute Argumente, Engagement und Dialog so wenig Gehör gefunden haben.

Ich danke euch aufrichtig für eure Arbeit. Vielleicht ist es für meinen Betrieb zu spät – aber vielleicht hilft euer Einsatz, dass andere nicht denselben Weg gehen müssen.

Mit stillen Grüßen,

Ein Gastgeber


💬 Kommentar der Redaktion

Wenn Politik den Tourismus vergisst – ein stiller Hilferuf, den niemand hören will

Der offene Brief eines Gastgebers aus dem Zittauer Gebirge ist mehr als ein persönliches Bekenntnis – er ist ein Symptom einer Tourismuspolitik, die die Realität vor Ort nicht mehr wahrhaben will.
Während in Sitzungssälen und Gremien von „Digitalisierung“, „Markenstrategie“ und „Nachhaltigkeit“ gesprochen wird, kämpfen kleine Betriebe um das, was sie seit Generationen tragen: ihre Existenz.

Die Gäste-Taxe war von Anfang an ein Symbol politischer Selbstüberschätzung.
Man versprach, damit die Region zu stärken – tatsächlich aber hat sie die Kluft zwischen Verwaltung und Basis vergrößert.
Die Verantwortlichen sprachen von „modernem Standortmarketing“, doch sie übersahen, dass Gäste keine zusätzlichen Formulare und Gebühren suchen, sondern Gastfreundschaft, Vertrauen und Planbarkeit.

In Zittau, Oybin, Waltersdorf, Großschönau oder Jonsdorf erleben Gastgeber inzwischen, was es bedeutet, wenn Bürokratie über Realität siegt:
leere Buchungslisten, verunsicherte Gäste, Angestellte in Kurzarbeit, Lebenswerke auf der Kippe.
Wer jahrelang mit Leidenschaft Häuser saniert, Zimmer gestaltet und die Region vertreten hat, fühlt sich heute von der Politik im Stich gelassen.

Diese Menschen tragen keine Schuld an der Krise – sie sind ihre Opfer.
Die wahre Verantwortung liegt bei jenen, die sich seit Jahren in Konzeptpapieren und Projekten verlieren, während vor der Haustür das Vertrauen der Bevölkerung erodiert.

Es braucht keine neuen Förderprogramme, keine wohlklingenden Strategien.
Was es braucht, ist Ehrlichkeit, Mut und Augenmaß.
Die Verwaltung muss wieder lernen, zuzuhören – nicht erst, wenn es zu spät ist.

Wenn ein Gastgeber schreibt, dass seine Buchungen „wie ein Stein ins Wasser gefallen“ sind, dann ist das kein Einzelfall – es ist ein Echo aus hunderten Betrieben, die dieselbe Stille hören.
Die Politik darf sich nicht länger hinter Paragrafen verstecken, während an der Basis die Wirtschaft zusammenbricht.

Es geht nicht um Protest, sondern um Würde.
Nicht um Schlagzeilen, sondern um Existenzen.
Und wenn die Verantwortlichen in Rathäusern und Landratsämtern diese Stimmen weiter ignorieren, wird bald nicht nur die Statistik sinken, sondern auch das Vertrauen – und das kehrt so schnell nicht zurück

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