DAS NEUSTE

Rente mit 63: Hunderttausende Deutsche nutzen weiterhin die abschlagsfreie Frührente

Boom bei der Rente mit 63 – Millionen Deutsche verlassen vorzeitig den Arbeitsmarkt

Zittau/Berlin, 22. Juni 2025 – Trotz zunehmender Debatten über die langfristige Belastbarkeit des deutschen Rentensystems nutzen weiterhin Hunderttausende die Möglichkeit der abschlagsfreien Rente mit 63. Die Zahlen der Deutschen Rentenversicherung belegen: Dieses Modell ist besonders bei den sogenannten Babyboomern – also Menschen, die zwischen 1959 und 1965 geboren wurden – überaus beliebt.

Seit der Einführung dieser Sonderregelung im Jahr 2014 haben laut offizieller Statistik inzwischen über 2,3 Millionen Menschen in Deutschland die Rente mit 63 beantragt und erhalten. Allein im vergangenen Jahr 2023 entschieden sich 211.000 Neurentnerinnen und Neurentner für diesen Weg – und damit erneut ein signifikanter Teil der Alterskohorte.

Wer darf früher in Rente?

Voraussetzung für die abschlagsfreie Rente ist ein nachgewiesenes Versicherungsleben von 45 Jahren. Dazu zählen nicht nur klassische Erwerbsjahre, sondern auch Zeiten der Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Wehr- oder Zivildienst sowie Phasen mit Arbeitslosengeld I (nicht jedoch Hartz-IV-Zeiten oder das heutige Bürgergeld).

Insbesondere Männer mit langen Erwerbsbiografien – häufig Facharbeiter, Handwerker oder Beschäftigte im öffentlichen Dienst – profitieren von dieser Regelung. Frauen sind unter den Beziehern noch unterrepräsentiert, was nicht zuletzt an ihren traditionell lückenhafteren Erwerbsverläufen liegt. Dennoch nimmt ihr Anteil stetig zu.

Politischer Streit über Kosten und Gerechtigkeit

Mit der steigenden Nutzung der Rente mit 63 wächst auch der politische Druck. Kritiker – insbesondere aus der Wirtschaft und den Reihen der Union – warnen seit Jahren vor den hohen Kosten für das Rentensystem. Schätzungen zufolge liegt die Mehrbelastung durch die vorzeitigen Rentenzahlungen bei jährlich mehreren Milliarden Euro. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, einer alternden Gesellschaft und sinkender Geburtenraten stellt sich die Frage: Wie lange kann sich Deutschland diesen sozialpolitischen Luxus noch leisten?

CDU-Sozialpolitiker Hermann Gröhe forderte kürzlich eine Überarbeitung des Modells: „Die abschlagsfreie Frührente darf kein Automatismus bleiben. Wer früher gehen will, muss künftig wieder mit spürbaren Abschlägen rechnen. Nur so erhalten wir die Fairness im Generationenvertrag.“

Auch die FDP äußerte sich skeptisch: Parteivize Johannes Vogel betonte, man dürfe nicht gleichzeitig das gesetzliche Rentenalter erhöhen wollen und weiter großzügige Frühverrentungen fördern.

Die Ampel-Regierung hält still

Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP gibt sich dagegen bislang zurückhaltend. Sozialminister Hubertus Heil (SPD) betonte mehrfach, die Rente mit 63 sei „eine sozialpolitische Errungenschaft“, die insbesondere Menschen mit körperlich fordernden Berufen würdige. Konkrete Reformpläne wurden bisher nicht vorgelegt.

Beobachter erwarten allerdings, dass spätestens nach der Bundestagswahl 2025 eine größere Rentenreform ansteht – möglicherweise auch mit Blick auf eine neue GroKo oder Jamaika-Koalition.

Experten schlagen Alarm

Sozialforscher wie Prof. Dr. Reinhold Müller vom Institut für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (IAB) sehen die Entwicklung kritisch: „Die Rente mit 63 wirkt wie ein Sogeffekt, der den Fachkräftemangel in Deutschland verschärft. Gerade in Branchen wie Handwerk, Pflege oder Verwaltung gehen erfahrene Kräfte verloren.“

Gleichzeitig bleibt die Lebenserwartung hoch, und viele der Frührentner beziehen ihre Bezüge 20 Jahre oder länger – mit massiven Folgekosten für die nachfolgenden Generationen.

Fazit

Die Rente mit 63 ist für viele ein lang ersehnter Ausstieg aus dem Arbeitsleben – ein Ausgleich für jahrzehntelange Erwerbstätigkeit und Belastung. Doch sie ist auch ein Symbol für das Dilemma der Sozialpolitik in Deutschland: zwischen sozialer Gerechtigkeit und finanzieller Nachhaltigkeit. Wie lange sich der Staat diesen Weg leisten kann, wird eine zentrale Frage der kommenden Legislaturperiode sein.

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