DAS NEUSTE

Oberlausitz vor Weichenstellung: Neue Windkraftstandorte in Bautzen und Görlitz geplant

📰 Richtungsentscheidung für die Oberlausitz In den Landkreisen Görlitz und Bautzen steht eine Weichenstellung bevor: Der Regionale Planungsverband legt fest, wo künftig Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen werden. Das Thema gilt in der Region als sensibel – nicht zuletzt, weil im Norden des Kreises Görlitz bislang nur ein einzelnes Windrad bei Weißkeißel steht. Entscheidend ist daher die Frage, wo neue Anlagen tatsächlich Platz finden und wie dies regionalpolitisch ausgewogen gesteuert wird.

⚖️ Rechtlicher Rahmen und Flächenziel Maßgeblich ist das Windenergieflächenbedarfsgesetz des Bundes: Bis Ende 2027 sind mindestens 1,3 Prozent, bis 2032 zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie zu sichern. Sachsen zieht den Zeitplan an und will in der Planungsregion Oberlausitz‑Niederschlesien den Zwei‑Prozent‑Wert bereits zum 31. Dezember 2027 planungsrechtlich absichern. Für die RPV‑Region mit rund 450.700 Hektar bedeutet das, etwa 9.014 Hektar als Windvorranggebiete darzustellen; bislang sind nur rund 1.050 Hektar festgesetzt.

🗺️ Fahrplan und Beteiligung 2024 wurde ein Vorentwurf als Eckpunktepapier konsultiert, 2025 die Ausarbeitung des eigentlichen Planentwurfs inklusive Umweltbericht vorangetrieben. Die öffentliche Beteiligung zum Entwurf mit konkreter Karte der Vorranggebiete ist für den weiteren Verlauf des Jahres 2025 vorgesehen. Erst dann wird im Detail sichtbar, welche Flächen die Kriterien erfüllen. Politisch heißt das: Die eigentliche Raumkulisse entsteht jetzt.

🧩 Methodik der Auswahl Der Verband arbeitet mit einem mehrstufigen Verfahren. Zunächst werden bestehende Eignungs‑ und Vorrangflächen überprüft, Abstände zu Gewerbe‑ und Industriegebieten differenziert behandelt (Stichwort Rotor‑Out‑Regel und Referenzanlage). Anschließend folgen Öffnungsschritte in bislang ausgeschlossenen Zonen – in engen Grenzen etwa in Teilen von Bergbaufolgelandschaften wie den Braunkohlenplangebieten Nochten und Reichwalde sowie, nach artenschutz‑ und landschaftsrechtlicher Prüfung, in bestimmten Waldkategorien oder regionalplanerischen Vorbehaltsgebieten. Ziel ist, Konflikte zu minimieren und die Flächenziele dennoch zu erreichen. Außerhalb ausgewiesener Windenergiegebiete verlieren neue Projekte ihre Privilegierung, sobald die Flächenziele erreicht sind; das verhindert Streuverdichtung und erhöht die Planungssicherheit.

📍 Mögliche Schwerpunkträume Realistisch erscheint eine Bündelung in vorbelasteten Räumen, insbesondere in und um Bergbau‑ und Industrieareale im Nordkreis um Weißwasser. Die Nähe zu den Tagebauen Nochten und Reichwalde, vorhandene Leitungs‑ und Erschließungsstrukturen sowie die vergleichsweise geringe Siedlungsdichte sprechen aus planerischer Sicht für eine Priorisierung solcher Räume. Die genaue Abgrenzung bleibt dem Kartenwerk des Planentwurfs vorbehalten.

🏛️ Konfliktlinien und Akzeptanz Prüfstein ist die Balance zwischen Ausbauziel und Schutz der Kulturlandschaft. Zwar sind die Öffnungsschritte begrenzt und Umweltprüfung, Artenschutz sowie Abstände verbindlich festgeschrieben, doch die perspektivische Öffnung von Waldflächen oder das partielle Durchschneiden von Regionalgrünzügen wird lokale Debatten auslösen. Akzeptanz entsteht erfahrungsgemäß eher dort, wo Windräder in technisch vorbelastete Areale rücken, die Wertschöpfung vor Ort ankommt und Sichtachsen empfindlicher Kulturlandschaften geschont werden. Dass im Norden von Görlitz bisher nur eine einzelne Anlage steht, unterstreicht den Nachholbedarf – und den Erwartungsdruck, nun mit Augenmaß zu planen.

🔎 Einordnung und Ausblick Der Kurs ist rechtlich klar: Bis Ende 2027 müssen die Vorrangflächen verbindlich feststehen, in Summe rund 9.000 Hektar. Die Methodik des Verbandes deutet auf eine Bündelung in vorbelasteten und infrastrukturell geeigneten Räumen hin – vor allem im Norden der Region. Der Weg ist vorgezeichnet, nicht aber die Detailkarte. Die kommenden Monate der Beteiligung entscheiden, wie die Region ihre Flächenziele mit größtmöglicher Landschaftsschonung vereint. Es ist kein politischer Schnellschuss, sondern ein planerischer Belastungstest – und die Chance, die Energiewende regional zu ordnen statt sie dem Zufall einzelner Projektanträge zu überlassen.

🗨️ Kommentar der Redaktion Dieser Prozess braucht Disziplin statt Symbolpolitik. Vorrang müssen technisch vorbelastete Räume und klare Abstandsregeln haben; empfindliche Waldflächen und Regionalgrünzüge sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu öffnen. Ohne sichtbare lokale Wertschöpfung und transparente Kriterien wird die Akzeptanz scheitern. Wer jetzt schnelle Flächen fordert, riskiert langfristige Schäden an Kulturlandschaft und Vertrauen. Besser ist eine nüchterne Bündelung im Norden und eine strikte Steuerung, die Streuverdichtung verhindert und Rechtssicherheit schafft.

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