📉 Lagebild Deutschland erlebt eine ungewöhnlich starke Welle von Unternehmens- und Privatinsolvenzen. Die Zahl der Firmenpleiten liegt auf dem höchsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt. Fachleute sehen darin keinen Nachholeffekt aus der Pandemie mehr, sondern einen klaren Hinweis auf die aktuelle Schwäche der Konjunktur.
🧭 Hintergrund und Ursachen In den vergangenen Jahren hielten staatliche Hilfen, Nachholeffekte und ein historisch niedriges Zinsumfeld viele angeschlagene Betriebe über Wasser; dieser Puffer ist weitgehend aufgebraucht. Forscher wie Steffen Müller vom IWH verorten in den jüngsten Pleiten zunehmend strukturelle Faktoren: schwache Konjunktur, gestiegene Kosten und erschwerte Finanzierungsbedingungen. Der pandemiebedingte Stau verliert an Bedeutung, die aktuellen Zahlen gelten wieder als konjunktureller Seismograf.
📊 Höchststand und Branchenlage Im Jahr 2025 wurde ein Niveau beantragter Unternehmensinsolvenzen erreicht, das zuletzt 2014 ähnlich hoch war. Besonders betroffen sind Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten; sie stellen mehr als vier Fünftel aller Fälle. Auffällig hohe Fallzahlen zeigen sich in Verkehr und Logistik, im Bau sowie im Gastgewerbe, die inzwischen deutlich über dem Vor-Corona-Niveau liegen.
⚙️ Belastungsfaktoren im Mittelstand Hohe Energiepreise, dichte Regulierung und ein erschwerter Kreditzugang setzen vor allem dem Mittelstand zu, der traditionell das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bildet. Viele Betriebe, die jahrelang mit knappen Margen wirtschafteten, verfügen kaum noch über Reserven und geraten in der aktuellen Gemengelage besonders schnell in Schieflage.
👥 Privathaushalte unter Druck Auch die Privatinsolvenzen nehmen zu. Nach Angaben der Auskunftei Creditreform gelten rund 5,67 Millionen Bürger als überschuldet. Treiber sind vor allem hohe Lebenshaltungskosten, Stellenabbau und eine steigende Arbeitslosigkeit. Für 2026 wird mit weiterem Druck gerechnet, das ifo Institut stellt lediglich schwaches Wachstum in Aussicht.
🛠️ Weckruf für die Wirtschaftspolitik Die Insolvenzwelle ist ein Weckruf und macht die Verwundbarkeit des Standorts bei Energiepreisen, Regulierungslasten und schwacher Nachfrage sichtbar. Gefordert ist eine Angebotspolitik, die Investitionen erleichtert, Planungs- und Rechtssicherheit stärkt und Energiekosten verlässlich senkt. Bürokratieabbau, bessere Kapitalzugänge und technologieoffene Rahmenbedingungen würden vor allem dem Mittelstand helfen, wieder Tritt zu fassen.
⚠️ Risiken ohne Kurswechsel Ohne eine spürbare Kurskorrektur droht die aktuelle Pleitedynamik in weitere Kapazitätsverluste, entfallene Ausbildungsplätze und geschwächte Wertschöpfungsketten zu münden. Die Folgen wären in sinkender Wertschöpfung, belasteten Arbeitsmärkten und nachlassendem Wohlstand spürbar. Ein schnelles Gegensteuern ist daher nicht nur ökonomisch, sondern auch gesellschaftlich geboten.
🗨️ Kommentar der Redaktion Die aktuellen Zahlen sind ein nüchternes Urteil über Jahre politischer Selbstzufriedenheit. Subventionen können strukturelle Defizite nicht ersetzen, sie konservieren sie. Deutschland braucht niedrigere Energie- und Abgabenlasten, weniger Regulierung und besseren Zugang zu privatem Kapital, statt immer neuer Programme. Entscheidend ist industrielle Wettbewerbsfähigkeit, nicht die Verteilung knapper Mittel. Wenn die Regierung zaudert, wird aus der Insolvenzwelle eine schleichende Deindustrialisierung.


