📜🤖 KI öffnet verkohlte Bibliothek: Herculaneum-Schriften erstmals lesbar

📜 Durchbruch dank KI und Bildgebung Mit Hilfe moderner Bildgebung und Künstlicher Intelligenz ist es Forschern gelungen, erstmals zusammenhängende griechische Textpassagen aus verkohlten Schriftrollen von Herculaneum zu entziffern. Der Durchbruch gelang im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs auf Basis offen zugänglicher 3D-Scans und maschinellen Lernens. Inhaltlich zeichnet sich eine philosophische Diskussion ab – ein seltener Blick in eine antike Bibliothek, die seit der Vesuv-Eruption im Jahr 79 n. Chr. als verloren galt.

🏺 Hintergrund Die in einer römischen Küstenvilla nahe Neapel gefundenen Rollen wurden beim Ausbruch des Vesuvs karbonisiert und sind mechanisch kaum zu öffnen. Seit dem 18. Jahrhundert scheiterten Entrollversuche immer wieder an der Brüchigkeit des Materials; die wenigen Erfolge blieben fragmentarisch. Der jetzt erzielte Fortschritt beruht auf einer grundsätzlich anderen Methodik: Statt physisch zu entrollen, wird die Struktur virtuell rekonstruiert und anschließend nach Tintenmustern durchsucht – ein Ansatz, der erstmals zusammenhängende Lesungen ermöglicht.

🔬 Technische Details und erste Lesungen Technisch stützt sich die Arbeit auf hochauflösende Röntgen-Volumendaten, aus denen die komplex geknitterten Papyruslagen rechnerisch abgeflacht werden. Darauf erkennt ein KI-Modell subtile Kontraste der kohlenstoffbasierten Tinte gegenüber dem Trägermaterial und setzt sie zu Buchstabenfolgen zusammen. Auf diese Weise wurden mehrere Spalten eines bislang unlesbaren Textes sichtbar gemacht. Die Organisatoren berichten von Passagen, die sich dem epikureischen Philosophen Philodemos zuordnen lassen und Themen wie Lust, Genuss und Maß behandeln; zuvor war bereits das griechische Wort für Purpur identifiziert worden – ein Meilenstein, der die prinzipielle Lesbarkeit der Rollen belegt. Zugleich bleibt der Umfang bescheiden: Es handelt sich bislang um Teile eines einzigen Textträgers, weitere Lesungen sollen folgen.

🧭 Historische Einordnung und Potenzial Konservativ betrachtet ist die Bedeutung dennoch nicht zu unterschätzen. Die betroffene Villa wird in der Forschung seit Langem mit hochrangigen Kreisen der römischen Elite in Verbindung gebracht; teils wird sogar ein Bezug zum Umfeld Caesars diskutiert. Sollte sich der nun lesbare Textbestand in den kommenden Jahren substanziell erweitern, wären neue Quellen für Philosophie-, Literatur- und Geistesgeschichte der späten Republik zu erwarten. Die Projektverantwortlichen planen für die nächste Etappe mehr Automatisierung, um größere Teile der gescannten Rollen lesbar zu machen.

⚖️ Fazit Das Ergebnis ist ein wissenschaftlicher Fortschritt, kein spektakuläres Wunder. Die Methode liefert erstmals belastbare Lesungen, doch der Befund ist bislang klein und bedarf fortlaufender papyrologischer Prüfung. Entscheidend wird sein, ob sich die KI-gestützten Verfahren reproduzierbar auf weitere Rollen übertragen lassen und ob der Ertrag den hohen technischen Aufwand rechtfertigt. Gelingt dies, könnte aus einem technologischen Experiment ein substantieller Quellenzuwachs für die Altertumswissenschaften werden; scheitert es, bleibt die Erkenntnis, dass selbst modernste KI den Weg sorgfältiger Validierung nicht ersetzt.

🗨️ Kommentar der Redaktion Dieser Fortschritt verdient Anerkennung, aber keine Überhöhung. Der bisherige Befund ist klein, die Methode muss sich an weiteren Rollen beweisen und papyrologisch streng verifiziert werden. Erst wenn Automatisierung und Reproduzierbarkeit gelingen, rechtfertigt der Aufwand die Erwartungen an einen echten Quellenzuwachs. Bis dahin bleibt Zurückhaltung geboten: Die Technik ist ein Werkzeug, kein Ersatz für philologische Sorgfalt. Wer jetzt Sensationen erwartet, verkennt den Stand der Dinge.

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