đ° Wirtschaftsweise skizzieren Neuaufbau Deutschlands Wirtschaftsweise drängen auf einen grundlegenden Neuaufbau der privaten Altersvorsorge nach schwedischem Muster. Kern ist ein staatlich organisiertes, renditeorientiertes Vorsorgedepot mit automatischer Teilnahme (Opt-out), ein kostengĂźnstiger Standardfonds und strikte Qualitätskriterien fĂźr Privatanbieter. Ein Arbeitspapier des Sachverständigenrats vom 13. November 2025 konkretisiert das Konzept; Berichte fassen die sieben zentralen Bausteine zusammen.
đ Schwächen der Riester-Ăra und Druck auf die Rente AuslĂśser der Debatte ist die schwache Bilanz der bisherigen gefĂśrderten Privatvorsorge. Die Riester-Rente gilt vielen als teuer, kompliziert und renditeschwach; trotz jahrzehntelanger FĂśrderung bleibt die Teilnahmequote unbefriedigend, zahlreiche Verträge wurden gekĂźndigt. Zugleich verschärfen Demografie und Fachkräftemangel den Druck auf die umlagefinanzierte gesetzliche Rente.
đ¸đŞ Referenz Schweden In Schweden ist die kapitalgedeckte Prämienrente in HĂśhe von 2,5 Prozent des Gehalts verpflichtend in das Rentensystem integriert. Der staatliche Standardfonds AP7 erzielte Ăźber Jahrzehnte marktnahe, kostengĂźnstige Renditen bei sehr niedrigen GebĂźhren. Diese Kombination aus Umlage und Kapitaldeckung gilt den Ăkonomen als Blaupause fĂźr einen deutschen Neustart.
đ§Š Das Konzept im Ăberblick Das Arbeitspapier „Neustart fĂźr die private Altersvorsorge: Ein renditestarkes Vorsorgedepot fĂźr Deutschland“ stammt von Ulrike Malmendier, Claudia Schaffranka, Milena Schwarz und Martin Werding. Es skizziert ein lebenszyklusorientiertes Standardprodukt, automatische Teilnahme, flexible Auszahlungswege und strikte Kostendisziplin als wesentliche Elemente. Ziel ist, breite BevĂślkerungsschichten verlässlich an Kapitalmarktrenditen zu beteiligen und Vertrauen zurĂźckzugewinnen.
7ď¸âŁ Die sieben tragenden Säulen Die Eckpunkte des Modells werden wie folgt umrissen:
- Automatische Einbeziehung aller Erwerbstätigen mit Opt-out, um Hßrden bei Einstieg und Spardisziplin zu senken.
- Ein strikt renditeorientiertes Anlageuniversum mit breit gestreuten Aktienfonds; Garantieprodukte wĂźrden ausgeschlossen, weil sie Rendite kosten.
- Eine unabhängige Vorauswahl weniger, besonders kostengßnstiger Fonds, um Komplexität zu reduzieren.
- Ein Lebenszyklus-Ansatz, der die Aktienquote in jungen Jahren hoch hält und später stufenweise herunterfährt.
- Ein staatlich verwalteter Standardfonds als Default und Benchmark; private Anbieter dĂźrfen konkurrieren, mĂźssen aber Kosten- und QualitätsmaĂstäbe erfĂźllen.
- Flexible Auszahlungsoptionen statt Pflichtverrentung.
- Erhalt der bisherigen steuerlichen FĂśrderung, um insbesondere Geringverdiener mitzunehmen.
đď¸ Lehren aus Schweden Der Blick nach Schweden soll zeigen, was unter stabiler Governance und sehr niedrigen GebĂźhren mĂśglich ist. FĂźr den staatlichen AP7-Standardfonds werden durchschnittliche Renditen im hohen einstelligen Bereich seit 2000 bei MinimalgebĂźhren hervorgehoben; zugleich ist die obligatorische 2,5-Prozent-Prämienrente in das Gesamtsystem integriert â ein konstruktiver Zwang, der Teilnahme und Skaleneffekte sicherstellt. FĂźr Deutschland wäre entscheidend, Kosten konsequent zu deckeln, Anreize klar zu setzen und politische Eingriffe in die laufende Anlagepolitik zu verhindern.
âď¸ Offene Implementationsfragen Konservativ-kritisch betrachtet bleiben zentrale Punkte zu klären: Wie wird der Standardfonds rechtlich und organisatorisch so aufgesetzt, dass er dauerhaft unabhängig, strikt auf Kosteneffizienz verpflichtet und frei von Tagespolitik bleibt? Wie werden Bestands-Riester-Verträge fair ĂźberfĂźhrt, ohne Mitnahmeeffekte oder Rechtsunsicherheit zu erzeugen? Welche Ăbergangsregeln schĂźtzen Jahrgänge kurz vor dem Ruhestand vor Marktschwankungen? Und wie werden FĂśrdermittel zielgenau auf Sparschwache konzentriert, ohne neue BĂźrokratie zu schaffen? Unverzichtbar sind klare Governance-Regeln, transparente Kostenobergrenzen und ein einfaches, digital nutzbares Opt-out.
â Fazit Der Vorschlag der Wirtschaftsweisen markiert eine ambitionierte, ordnungspolitisch begrĂźndete Richtungsentscheidung: weniger kleinteilige Produktregulierung, mehr klarer Rahmen mit hartem Kosten- und Qualitätswettbewerb â flankiert von einem schlanken staatlichen Standardprodukt. Die Erfahrungen Schwedens legen nahe, dass verpflichtende Beteiligung, niedrige GebĂźhren und ein kluger Lebenszyklusansatz Ăźber die Zeit Wohlstandseffekte erzeugen kĂśnnen. Ob die Rentenwende gelingt, hängt nun weniger von groĂen Versprechen als von nĂźchterner Umsetzung ab: Governance vor Politik, Kosten vor Marketing â und Verlässlichkeit vor Symbolik.
đ¨ď¸ Kommentar der Redaktion Die StoĂrichtung ist richtig: automatische Teilnahme, harte Kostendisziplin und ein klarer Default statt teurer Kleinstprodukte. Entscheidend ist, den Standardfonds rechtlich so zu verankern, dass er dauerhaft unabhängig bleibt und jede politische Versuchung abprallt. Ohne harte Kostenobergrenzen und konsequente AusschlĂźsse renditeschwacher Garantiekonstrukte droht der alte Fehler im neuen Gewand. Ăbergangsregeln fĂźr Riester-Bestände und fĂźr Jahrgänge kurz vor dem Ruhestand mĂźssen strikt fair und einfach sein â nicht verhandelbar. Wer jetzt nach Ausnahmen und Zusatzzielen ruft, riskiert den Erfolg des Projekts; erst die Governance, dann die PR.


