🌏 Ambivalente Bilanz der Reise Donald Trump setzt in seiner zweiten Amtszeit Akzente, die Asiens Regierungen aufhorchen lassen. Ende Oktober 2025 bereiste der US‑Präsident die Region und erzielte in Handelsfragen mehrere temporäre Entspannungen. Hinter den Schlagzeilen bleibt jedoch die Grundsatzfrage, ob Washington noch eine konsistente Asienpolitik verfolgt oder seine Prioritäten in die westliche Hemisphäre verlagert. Die Bilanz ist ambivalent: kurzfristige Deals, aber fortbestehende Zweifel an Verlässlichkeit und Richtung.
🧭 Strategischer Hintergrund Seit Barack Obama galt die Hinwendung nach Asien als Leitmotiv der US‑Außenpolitik. Trump agiert hingegen transaktional, nutzt Zölle als politisches Druckmittel, meidet umfassende verbindliche Wirtschaftsarchitekturen und bevorzugt bilaterale Absprachen. Das stärkt kurzfristig Washingtons Hebel, unterminiert aber das regionale Vertrauen, das auf Berechenbarkeit, offenen Märkten und klaren Sicherheitszusagen ruht. Der US‑Verzicht auf einen Beitritt zum transpazifischen Handelsabkommen CPTPP bleibt ein Menetekel, ebenso die Konjunktur diplomatischer Show‑Gesten ohne institutionelles Fundament.
🇯🇵 Japan als Anker In Tokio verliefen die Gespräche besser als erwartet. Trumps Verhältnis zur neuen Premierministerin Sanae Takaichi gilt als eng, zumal Japan seine Verteidigungsausgaben erhöht und Investitionen in den USA ausweitet. Für Washington ist Tokio wirtschaftlich wie militärisch der Schlüsselverbündete zur Balance gegenüber einem selbstbewussteren China – eine klassische konservative Konstante amerikanischer Asienpolitik.
🇨🇳 Waffenruhe mit Peking Das Treffen mit Xi Jinping brachte eine begrenzte Deeskalation. China will wieder Sojabohnen importieren, Fentanyl‑Vorprodukte strenger kontrollieren und geplante Beschränkungen für Rare‑Earth‑Exporte um ein Jahr verschieben. Im Gegenzug senken die USA ihre Zölle im Schnitt von 57 auf 47 Prozent; ein Abkommen zu TikTok gilt als nahezu ausverhandelt, zusätzliche Exportkontrollen gegen China sind vorerst vertagt. Das verschafft Luft, ersetzt jedoch keine strategische Verständigung zu Taiwan, Technologie und Geopolitik.
🌐 Risse bei Partnern Die Beziehungen zu Vietnam – ähnlich wie zu Indien – haben gelitten. Das schwächt Washingtons Fähigkeit, Chinas Einfluss mit einem Netzwerk gleichgesinnter Staaten auszugleichen. Verstärkt wird der Vertrauensabfluss durch den Verzicht auf CPTPP und den flexiblen Zollkurs des Weißen Hauses. Für viele asiatische Hauptstädte wirkt dies wie ein Rückschritt gegenüber früheren Bemühungen, eine verlässliche regionale Ordnung zu stützen.
🏛️ Innenpolitische Signale Regierungsshutdowns, harte Migrationspolitik, Kürzungen bei Forschung und Angriffe auf Universitäten nähren Zweifel an Amerikas langfristiger Wettbewerbsfähigkeit. Hinzu kommen wankelmütige Unterstützung für die Ukraine und Nachsichtigkeit gegenüber Russland, mit direkten Implikationen für das Vertrauen in US‑Zusagen gegenüber Taiwan. Unkonventionelle außen‑ und sicherheitspolitische Schritte – von Aktivitäten vor Venezuelas Küste über den Einsatz der Nationalgarde in US‑Städten bis zu Druck auf Panama und einem Teilabzug aus Europa – verstärken in Asien den Eindruck einer Hinwendung zur westlichen Hemisphäre.
📉 Verlässlichkeit auf dem Prüfstand Kurzfristige Zollsenkungen und bilaterale Arrangements liefern politische Rendite, doch sie begründen keine belastbare Asienstrategie. Partner registrieren Inkonsistenzen, die das Vertrauen in Zusagen und Planbarkeit untergraben. Die Folge ist wachsende strategische Vorsicht in der Region.
🧱 Konservatives Pflichtenheft Ein konservativer Kurs wäre klar: Stärkung vertraglicher Wirtschaftsstrukturen statt Ad‑hoc‑Zollerhöhungen, Verlässlichkeit gegenüber Verbündeten, glaubwürdige Abschreckung gegenüber Peking sowie innenpolitische Stabilität als Standortvorteil. Erst eine solche Kombination schafft die Grundlage für nachhaltige wirtschaftliche Integration und sicherheitspolitische Berechenbarkeit.
🔭 Ausblick für Asien Solange Washington auf taktische Manöver setzt und strategische Klarheit schuldig bleibt, werden Partner in Tokio, Seoul und Südostasien hedgen. Peking dürfte entstehende Lücken ausnutzen, um politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu vertiefen. Die nächste Wegmarke wird daran gemessen, ob aus Deeskalation eine konsistente Strategie erwächst.
🗨️ Kommentar der Redaktion Trumps Kurs mag kurzfristig Druckmittel schaffen, doch ohne feste Regeln und Institutionen bleibt er volatil. Wer Ordnung will, muss Handelsarchitekturen stärken, Zollpolitik entpolitisieren und Bündnisdisziplin wahren. Die jüngsten Zollsenkungen sind richtig, aber sie benötigen eine vertragliche Verankerung und klare sicherheitspolitische Linien gegenüber Peking. Andernfalls zwingt Washington seine Partner zum Hedging und öffnet Peking Handlungsspielräume. Zeit für eine nüchterne, disziplinierte Asienstrategie, die Marktöffnung, Abschreckung und innenpolitische Stabilität zusammenführt.


