🗞️ Sonderkreistag ohne Beschluss Der für den 29. Oktober 2025 einberufene Sonderkreistag des Landkreises Görlitz ist ohne Beschluss geendet, weil das Gremium nicht beschlussfähig war; die Zahl der anwesenden Kreisräte reichte nicht aus. Landrat Stephan Meyer sprach von politischem Taktieren und kritisierte kurzfristige Absagen. Anlass der Sondersitzung war sein Widerspruch gegen einen Anfang Oktober gefassten Beschluss, der Werbung für den Militärdienst und für Rüstungsprodukte im Landkreis untersagen sollte. Über diesen Widerspruch sollte der Kreistag erneut entscheiden.
⚖️ Rechtsauffassung des Landrats Meyer hält das geplante Werbeverbot für rechtswidrig und begründet dies mit drei Punkten:
- Die Frage der Werbung für den Militärdienst falle in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes, nicht des Kreistages.
- Der Beschlusstext enthalte unbestimmte Rechtsbegriffe – etwa beim Begriff „Rüstungsprodukte“ – und sei damit weder rechtssicher umsetzbar noch kontrollierbar.
- Ein pauschales Verbot verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
👥 Anwesenheit und Fraktionen Nach Angaben der Kreisverwaltung waren am Sitzungstag folgende Mitglieder anwesend:
- CDU: 12
- Freie Wähler: 10
- Bündnis Grüne/KJiK/SPD: 4
- Bündnis Oberlausitz/Freie Sachsen: 2
- Die Linke: 2
- BSW: 1
- AfD: nicht anwesend
📆 Weiteres Verfahren Das Thema soll voraussichtlich in der regulären Kreistagssitzung am 10. Dezember erneut aufgerufen werden. Rechtlich ist der Weg dafür geebnet: Ist ein Kreistag in einer ersten Sitzung nicht beschlussfähig, gilt er in einer zweiten Sitzung bereits bei Anwesenheit von mindestens drei stimmberechtigten Mitgliedern als beschlussfähig, wie es § 35 Abs. 3 der Sächsischen Landkreisordnung vorsieht.
🧭 Einordnung Der geplatzte Sonderkreistag ist mehr als ein formaler Fehlstart: Wer der politischen Auseinandersetzung fernbleibt, schwächt die Handlungsfähigkeit des Kreistages und sendet ein schlechtes Signal an Verwaltung und Öffentlichkeit. In der Sache geht es um die Abgrenzung kommunaler Zuständigkeiten gegenüber dem Bund und um rechtsstaatliche Standards bei Beschlüssen. Bis Dezember besteht die Chance, die Debatte mit klaren, rechtssicheren Beschlussvorlagen nachzuholen – und die Entscheidung dort zu treffen, wo sie hingehört: im Plenum, sichtbar und verantwortbar.
🗨️ Kommentar der Redaktion Wer Mandat trägt, trägt Verantwortung: Dem Saal fernzubleiben, ist kein legitimes Mittel der Auseinandersetzung, sondern beschädigt die Arbeitsfähigkeit des Kreistages. Das pauschale Werbeverbot überzeugt rechtlich nicht und ignoriert die Kompetenzordnung des Staates; über Fragen der Werbung für den Militärdienst entscheidet der Bund, nicht der Landkreis. Unbestimmte Begriffe wie „Rüstungsprodukte“ taugen nicht als Grundlage belastbarer Verwaltungspraxis und verletzen den Grundsatz gleicher Behandlung. Ordnung, Klarheit und Rechtsstaatlichkeit müssen Vorrang vor Symbolpolitik haben. Im Dezember ist eine offene Abstimmung im Plenum fällig – sichtbar und verantwortbar.


