📰 Druck auf Brüssel: Die Energiepartner USA und Katar erhöhen den Druck auf die Europäische Union. In einem gemeinsamen Schreiben warnen beide Länder, die geplante EU-Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht gefährde Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit – und stellen im Extremfall eine Drosselung bis hin zum Stopp von LNG-Lieferungen nach Europa in Aussicht. Die Verordnung sei eine „fundamentale Gefahr“ für die europäische Wirtschaftskraft; der Vorstoß zielt zeitlich auf anstehende Beratungen im November.
🧭 Neuausrichtung der Gasversorgung: Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat Europa seine Erdgasimporte neu geordnet. Flüssigerdgas aus den USA und Katar füllte Lücken in der Versorgung; Katar deckt seit 2022 rund 12 bis 14 Prozent der europäischen LNG-Nachfrage, die USA sind zum wichtigsten Lieferanten aufgestiegen.
📑 Was die CSDDD vorsieht: Brüssel verfolgt strengere Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsauflagen entlang globaler Lieferketten. In der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) sind Pflichten mit empfindlichen Sanktionen bei Verstößen vorgesehen; Kritiker monieren insbesondere die extraterritoriale Wirkung, die auch nichteuropäische Konzerne in die Pflicht nimmt.
📨 Argumente aus Washington und Doha: Der gemeinsame Brief der Energieminister an EU-Staats- und Regierungschefs warnt, die CSDDD gefährde bezahlbare Energie und die Stabilität der Lieferketten. Für LNG-Exporteure erhöhe sich das rechtliche und finanzielle Risiko erheblich. Die EU-Kommission reagierte zunächst nicht öffentlich auf die Vorwürfe.
- Risiko für bezahlbare Energie und stabile Lieferketten
- Bußgelder von bis zu fünf Prozent des weltweiten Jahresumsatzes
- Ausdehnung der Pflichten auf Unternehmen außerhalb der EU
⚖️ Streitpunkte und Drohkulisse: Besonders umstritten sind die angedrohten Bußgelder von bis zu fünf Prozent des weltweiten Jahresumsatzes sowie die Ausweitung der Pflichten auf Unternehmen außerhalb der EU. Aus Katar heißt es, unter solchen Rahmenbedingungen könne QatarEnergy Geschäfte in Europa nicht fortführen – die Warnung reicht bis zur Drosselung oder zum Stopp von LNG-Lieferungen.
🏛️ Offene Debatte in Brüssel: Nach einem zuvor gescheiterten Anlauf zur Abschwächung wurden die Dossiers erneut geöffnet; im November steht eine weitere Abstimmung an. Aus Sicht Washingtons und Dohas käme eine Verordnung in der bislang geplanten Form einem Wettbewerbsnachteil gleich. In der EU wächst zudem der interne Widerstand gegen zusätzliche Bürokratie und Eingriffe in Unternehmensprozesse.
🧮 Entlastung für Mittelstand im Gespräch: Diskutiert werden Schwellenwerte, die die Anwendung der Regeln stärker auf sehr große Konzerne begrenzen würden. Ziel wäre, Mittelstand und energieintensive Industrie zu entlasten, ohne den Anspruch der Richtlinie grundsätzlich aufzugeben.
🛢️ Risiken für Versorgung und Standort: Eine Drosselung oder ein Stopp von LNG-Lieferungen würde den europäischen Spielraum verengen und die Preissensibilität erhöhen. Die Warnung trifft eine EU, die zwischen Klimapolitik und industrieller Substanz balancieren muss; Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit stehen auf dem Prüfstand.
🧩 Weg zum Kompromiss: Wer Versorgungssicherheit und Standortqualität erhalten will, wird die CSDDD an der Realität globaler Energiemärkte messen müssen – nicht an wohlmeinenden Absichtserklärungen. Ein tragfähiger Kompromiss liegt nahe: klare, durchsetzbare Sorgfaltspflichten, die Missstände adressieren, ohne strategische Abhängigkeiten zu verschärfen oder Versorgung zu verteuern.
🗨️ Kommentar der Redaktion: Europa kann sich ideologisch motivierte Experimente im Energiesektor nicht leisten. Eine Richtlinie, die Lieferketten moralisch überhöht, aber Versorgungslücken riskiert, schwächt die industrielle Basis. Die CSDDD braucht klare Grenzen, praxistaugliche Haftung und echte Entlastung für Unternehmen, sonst verliert die EU im globalen Wettbewerb weiter an Boden. Realpolitik und Verlässlichkeit müssen Vorrang vor Symbolpolitik haben. Wer Energie will, muss mit den Lieferanten verhandeln – nicht sie mit Strafandrohungen in die Flucht treiben.


