Berlin. Nach wiederholten Luftraumverletzungen und Drohnen-Vorfällen knöpft sich die Politik die Abschreckung vor. Doch ein Bundeswehr-Oberst bremst: Schießen sei im urbanen Umfeld kaum vertretbar – Trümmer gefährden Menschen und Infrastruktur. Die hybride Bedrohung sei „sehr hoch“. Was heißt das praktisch – und wo klafft die Rechts- und Fähigkeitslücke?
📌 Key Facts
- 🗣️ Oberst warnt: Abschuss über bewohntem Gebiet unverhältnismäßig (Trümmerrisiko)
- 🛡️ Rechtslage: Geplante LuftSiG-Novelle (Drohnen abschießen) blieb liegen – Lücke
- 🧰 Derzeit erlaubt: Abdrängen, zur Landung zwingen, Androhung/ Warnschuss – kein genereller Abschuss
- 🌐 NATO-Linie: „Alle notwendigen Mittel“ – klarere ROE gegen Luftraumverstöße
- 🏗️ Hybridrisiko: Kritische Infrastruktur (Flughäfen, Netze, Energie) leicht angreifbar
🔎 Worum es wirklich geht
Abschießen ist nicht der Standardknopf: In Städten drohen Sekundärschäden durch Splitterniedergang. Gleichzeitig braucht es wirksame Abwehr – ohne Kollateralschäden. Das Dilemma: Recht und Technik hinken der Bedrohung hinterher.
🧮 Wo die Rechtslücke liegt
- Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG): Novelle zur Drohnenbekämpfung wurde nicht verabschiedet.
- Heute möglich (unterstützend zur Polizei): Abdrängen, Landung erzwingen, Waffengewalt androhen, Warnschüsse.
- Problem: Keine klaren, einheitlichen ROE für Abschuss kleiner/kommerzialisierter Drohnen im zivilen Luftraum.
🛠️ Was technisch heute geht
Mehrschichtige C-UAS (Counter-UAS) statt Schrotflinte:
- 📡 Detektion & Tracking: 3D-Radar + RF-Scanner, EO/IR-Verifikation, Geofencing-Erkennung
- 📶 Nicht-kinetisch: Funk-Jamming (Steuer-/Downlink), GNSS-Störung/Takeover → fail-safe/Return-to-Home
- 🪢 Kinetisch „soft“: Netz-Launcher/Interceptor-Drohnen über Sperrflächen (Freiflächen, Gewässer)
- 🔦 Gerichtet: Hochenergielaser/ Mikrowellen für militärische Areale (keine Trümmerwolke)
- 🧯 Geo-Layouts: Sicherheitskorridore/Auffangzonen, No-Fly-Bubbles um Kritische Infrastruktur
🧭 Paket, das jetzt beschlossen werden muss
- LuftSiG-Update: Bundeskompetenz, klare ROE, Haftung & Beweisführung; „kein Schuss in Wohnlage“ als Grundsatz, Ausnahme nur bei unmittelbarer Gefahr.
- C-UAS-Pflicht für Flughäfen/ Energie/ Netze: Radar+RF + Jamming + Sperrflächen-Konzept; 24/7 Leitstelle.
- ROE-Matrix: Stufenplan von Aufklärung → Jamming → Kinetik (net/laser) → Abschuss (nur über sicheren Zonen).
- NATO-Abstimmung: Gemeinsame Luftraum-TTPs, Daten-Sharing, Deconfliction-Kanal zur Eskalationsvermeidung.
- Strafrecht & Forensik: Beweisketten, Geräte-Forensik, Hersteller-Kooperation (Remote-ID, Serialisierung).
- Bürgerwarnung: Cell Broadcast, Sirenen, Airport-Prozesse (Stop&Go am Vorfeld, schnelle Freigaben).
🗺️ Einsatzprinzip
- Detektieren/Identifizieren → 2) Warnen/Geofencing → 3) Jamming/Takeover →
- Netz/Interceptor über Sperrfläche → 5) Laser (mil. Areal) → 6) Abschuss nur bei akuter Gefahr, Trümmerfall gesichert.
🧭 Fazit
Ja, Abschuss ist in der Stadt fast nie verhältnismäßig. Nein, wir sind den Drohnen nicht ausgeliefert – wenn Recht, Technik und Taktik endlich zusammengeführt werden. C-UAS-Pflicht, klare ROE, NATO-Abstimmung: so funktioniert Abschreckung ohne blindes Risiko.
✍️ Kommentar der Redaktion
Weniger Pathos, mehr Protokoll.
Drohnenabwehr ist Feinmechanik, kein Cowboy-Mythos. Wer Abschuss ruft, riskiert Schuld am Trümmerregen. Was fehlt, ist kein Mut – es sind klare Regeln und fähige Systeme. Also: LuftSiG jetzt, C-UAS zur Pflicht, ROE schwarz auf weiß. Abschreckung wirkt nur, wenn der Gegner weiß, was passiert – und die Bürger wissen, dass nichts Unnötiges passiert.