Debatte um mehr Arbeitszeit – Ökonomen fordern Einschnitte, Kritiker warnen vor Symbolpolitik
📉 Hintergrund: Wirtschaftskrise als Auslöser der Diskussion
Berlin – Die deutsche Wirtschaft wankt: hohe Energiekosten, Fachkräftemangel, Bürokratie, Investitionsstau. Inmitten dieser Krise fordern führende Ökonomen nun drastische Maßnahmen – darunter die Streichung eines oder mehrerer Feiertage, um die Produktivität zu steigern.
Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), nennt im Interview mit BILD einen konkreten Tag:
„Ich persönlich hätte mit dem Pfingstmontag kein Problem.“
Seine Begründung: Deutschland arbeite zu wenig. Die Zahl von 1350 Arbeitsstunden pro Jahr liege 400 Stunden unter dem OECD-Schnitt. Mehr Arbeit sei laut Adrian daher eine „notwendige Debatte“.
📆 Wer fordert Feiertags-Streichungen – und warum?
Neben Adrian haben auch andere Wirtschaftsführer und Ökonomen eine Arbeitszeit-Ausweitung ins Spiel gebracht:
- Rainer Neske (LBBW): für mehr Wochenarbeitszeit
- Clemens Fuest (ifo-Institut): für mehr Leistung pro Kopf
- Ola Källenius (Mercedes): fordert Effizienz statt Subventionen
- Wolfram Hatz (vbw): will „einen oder mehrere Feiertage“ streichen – nur der 1. Mai sei tabu
Die Stoßrichtung ist klar: Weniger Freizeit, mehr Output – um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern.
💬 Gegenstimmen: „Ignoranz gegenüber der Realität des Arbeitsmarkts“
Doch der Vorschlag stößt auf scharfe Kritik – nicht nur aus Gewerkschaftskreisen, sondern auch aus der Wissenschaft.
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), schreibt:
„Die Behauptung, die Deutschen seien faul, zeigt eine erstaunliche Ignoranz gegenüber dem tatsächlichen Potenzial unseres Arbeitsmarkts.“
Er verweist auf hohe Produktivität, Teilzeit-Trends, Pflege- und Sorgearbeit, die in solchen Debatten nicht mitgedacht würden.
📊 Was bringt ein gestrichener Feiertag wirklich?
Ein zusätzlicher Arbeitstag würde rein rechnerisch das Bruttoinlandsprodukt um 0,1–0,3 Prozent steigern, so Schätzungen des ifo-Instituts. Doch Ökonomen wie Fratzscher oder die Hans-Böckler-Stiftung warnen:
- Feiertage haben Erholungsfunktion
- Kürzere Arbeitszeiten steigern oft die Effizienz
- Produktivitätsprobleme liegen nicht an der Stundenzahl, sondern an Digitalisierung, Bürokratie, Investitionshemmnissen
🧾 Fazit: Symbolpolitik oder wirtschaftlicher Hebel?
Die Forderung, Feiertage wie den Pfingstmontag zu streichen, ist ein hoch symbolischer Vorstoß – in einer Zeit, in der Vertrauen in Politik und Wirtschaft sinkt.
Ob sie tatsächlich einen spürbaren wirtschaftlichen Effekt hätte, ist zweifelhaft. Was sicher ist: Die Diskussion zeigt, wie tief die Unsicherheit über Deutschlands wirtschaftlichen Kurs derzeit sitzt.