Péter Magyar und die Tisza-Partei überholen Fidesz deutlich
Budapest – Weniger als ein Jahr vor der Parlamentswahl in Ungarn deutet vieles auf ein politisches Beben hin. Laut aktuellen Umfragen liegt Ministerpräsident Viktor Orbán mit seiner Partei Fidesz deutlich hinter der oppositionellen Tisza-Partei von Péter Magyar.
Nach Daten des Instituts „Europe Elects“ erreicht Tisza derzeit 51 Prozent – ein Zuwachs von fünf Punkten seit März. Orbáns Fidesz hingegen verliert weiter und liegt abgeschlagen bei 36 Prozent. Andere Parteien wie die Grünen oder Jobbik spielen mit Werten zwischen einem und fünf Prozent kaum noch eine Rolle.
Magyar wird zum Hoffnungsträger
Péter Magyar, ein früherer Vertrauter Orbáns, übernahm erst im April 2024 die Führung der Tisza-Partei. Er wurde durch Massenproteste gegen Korruption und Skandale der Orbán-Regierung bekannt. Besonders ein Missbrauchsskandal in den Reihen der Fidesz schadete der Regierung massiv.
Magyar positioniert sich klar gegen Orbáns Kurs der „illiberalen Demokratie“, will die staatliche Kontrolle der Medien beenden und strebt an, blockierte EU-Gelder für Ungarn wieder freizumachen. Auch vom russlandfreundlichen Kurs der Regierung will er sich klar distanzieren.
Ungarn isoliert in der EU
Orbán steht mit seinem Kurs zunehmend isoliert in Europa. Besonders sein wiederholtes Veto gegen EU-Sanktionen gegen Russland sorgt für massive Kritik. Lediglich die Slowakei unter Robert Fico verfolgt derzeit eine ähnlich russlandfreundliche Linie.
Obwohl Magyar Waffenlieferungen an die Ukraine weiterhin ablehnt, positioniert er sich klar als pro-europäisch und pro-westlich. Sein erklärtes Ziel: Ungarn wieder zu einem verlässlichen Partner in der EU und NATO zu machen.
Kommentar: Orbáns Zeit läuft ab – vielleicht
Was lange undenkbar schien, könnte jetzt Realität werden: Viktor Orbán wankt. Nach 14 Jahren an der Macht zeigt sich erstmals eine echte Chance auf politischen Wandel in Ungarn. Die aktuelle Umfrage ist mehr als ein Warnsignal – sie ist ein Misstrauensvotum gegen Korruption, Machtmissbrauch und die systematische Aushöhlung demokratischer Grundwerte.
Doch der Weg ist noch lang. Orbán ist kein Politiker, der kampflos aufgibt. Wer seine Vergangenheit kennt, weiß: Fidesz wird alles versuchen, um die Macht zu behalten – mit Propaganda, mit Angst, mit schmutzigen Methoden. Die Kontrolle über Medien und Justiz bleibt ein scharfes Schwert in den Händen der Regierung.
Péter Magyar steht vor einer doppelten Herausforderung. Er muss nicht nur Orbán schlagen, sondern auch beweisen, dass seine Versprechen mehr sind als Wahlkampfparolen. Die Ungarn sehnen sich nach Veränderung – aber sie sind auch vorsichtig. Zu oft haben sie erlebt, dass neue Hoffnung schnell enttäuscht wurde.
Für Europa wäre ein Machtwechsel in Ungarn ein Befreiungsschlag. Ein Ende der Blockadepolitik, eine Rückkehr zur Vernunft in der EU, ein deutliches Signal an Russland, dass Europas Werte nicht verhandelbar sind. Aber klar ist auch: Noch ist nichts entschieden.
Orbáns Zeit läuft ab. Aber noch läuft sie.