Litauen will kriegstüchtig werden – Mit Deutschland an der Front der NATO
Vilnius/Berlin/Zittau, 22. Juni 2025 – Die baltischen Staaten rüsten sich. Wenige Tage vor dem NATO-Gipfel in Den Haag bezieht Litauen klar Position: Das Land will militärisch so stark werden, dass kein Gegner auch nur auf die Idee kommt, anzugreifen. Für Botschafter Giedrius Puodžiūnas steht fest: Abschreckung braucht Präsenz, Bereitschaft – und Verbündete wie Deutschland.
Abschreckung statt Illusionen
„Unser Ziel ist es, verteidigungsfähig zu sein – nicht, verteidigt werden zu müssen“, sagt Litauens Botschafter. Der Satz bringt die sicherheitspolitische Wende auf den Punkt. Nach Jahrhunderten wechselhafter Fremdherrschaft, sowjetischer Okkupation und westlicher Ignoranz ist das baltische Selbstverständnis ein anderes: Keine Kompromisse mehr in Sicherheitsfragen.
Die Lehre aus der Geschichte – von der Hitler-Stalin-Pakt-Ohnmacht 1939 bis zur Annexion der Krim – lautet: Vertrauen ist gut, Verteidigung ist besser.
Litauen stockt massiv auf – Wehrhaftigkeit als Staatsziel
Seit 2014 hat Litauen seine Verteidigungsausgaben verfünffacht. In diesem Jahr liegt der Anteil bei über 4 Prozent des BIP, 2026 sollen es sogar 5,25 Prozent werden. Eine nationale Division mit 20.000 Soldaten und 50.000 Reservisten ist im Aufbau. Das Land will in der Lage sein, gemeinsam mit der NATO „jeden Zentimeter“ seines Territoriums zu verteidigen – von der ersten Minute an.
Panzer aus Deutschland – Berlin als Schutzmacht im Osten
Deutschland übernimmt erstmals in der Nachkriegsgeschichte dauerhaft militärische Verantwortung im Baltikum. Eine 5.000 Mann starke Panzerbrigade der Bundeswehr wird bis 2027 vollständig in Litauen stationiert – nahe Vilnius und Kaunas. Für Litauen ist das nicht nur Symbol, sondern Sicherheitsgarantie: „Der Schutz von Vilnius ist auch der Schutz von Berlin“, erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz bei einem Truppenbesuch.
Litauen übernimmt dabei den Bau der militärischen Infrastruktur. In Rudninkai entstehen Kasernen, Übungsplätze und Wohnraum – ein Milliardenprojekt.
Rüstungskooperation: Rheinmetall baut Munitionswerk
Im Eiltempo wird zudem ein Rüstungsstandort etabliert: Rheinmetall plant eine neue Fabrik für Artilleriemunition. Der Munitionsbedarf des Ukraine-Kriegs hat gezeigt, wie eng die europäischen Lager sind. Litauen will künftig nicht nur Abnehmer, sondern Produzent sein – politisch gewollt und bürokratisch beschleunigt.
Grenze zu Belarus: Hybride Kriegsführung gestoppt
Nach der organisierten Migration über Belarus 2021 hat Litauen die 600 Kilometer lange Ostgrenze zur EU ausgebaut – heute vollständig überwacht und geschützt. Tausende illegale Grenzübertritte aus Syrien und dem Irak stuft das Land als hybride Attacke ein, als politisch gesteuerten Kontrolltest durch Minsk und Moskau.
USA bleiben unverzichtbar – trotz Trump
Trotz irritierender Aussagen des ehemaligen US-Präsidenten hält Litauen fest zur transatlantischen Allianz. „Die USA haben unsere Okkupation nie anerkannt – das bleibt unvergessen“, betont Puodžiūnas. Europa müsse mehr Verantwortung übernehmen, aber nicht ohne Amerika. „United we stand, divided we fall.“
Der NATO-Gipfel: Litauen fordert klare Signale
Auf dem NATO-Gipfel Ende Juni will Litauen nicht nur mehr Unterstützung für die Ukraine, sondern auch neue Standards: mehr gemeinsame Rüstungsprojekte, mehr Truppenbereitschaft, mehr Glaubwürdigkeit gegenüber Russland. Denn für Vilnius ist klar: Russland bleibt eine permanente Bedrohung.
Litauen und Deutschland – mehr als Militär
Die deutsche Brigade ist für Litauen mehr als ein Militärverband. „Sie ist ein Symbol für Vertrauen, für Annäherung, für Partnerschaft“, sagt der Botschafter. Sobald Familien deutscher Soldaten im Land leben, werde es zu mehr als nur Verteidigung führen – nämlich zu kulturellem Austausch und historischem Bewusstsein. Denn Litauen und Deutschland teilen eine lange gemeinsame Geschichte – von Kurfürsten über Thomas Mann bis zu heutigen Verteidigungsbündnissen.
Fazit: Litauen will mehr – mehr Verteidigungsfähigkeit, mehr Europa, mehr Deutschland, aber auch: mehr NATO. Im Schatten des Ukrainekrieges wird das Land zu einem der entschlossensten Akteure Europas – und nimmt die deutsche Präsenz als neue Realität an: dauerhaft, konkret, verbindlich.