📰 Schwesig kontert im Landtag Mecklenburg‑Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat am Freitag, 5. Dezember 2025, als 91. und letzte Zeugin im Nord‑Stream‑2‑Untersuchungsausschuss ihre Politik erneut verteidigt. Sie unterstützte den Pipeline‑Bau „aus Überzeugung“, steht zu ihren Entscheidungen und warf Opposition wie Medien „Verschwörungsideologien“ und „bewusste Unwahrheiten“ vor. An den Ausschuss gerichtet sagte sie: „Sie haben nichts.“ Der Ton war konfrontativ, die Botschaft eindeutig: Fehler – ja; Verantwortung bei ihr – nein.
🗣️ Auftritt und Linie Schwesig verlas eine umfangreiche Erklärung und bekannte abermals, das Engagement für Nord Stream 2 sowie die Klimaschutzstiftung MV sei „mit dem Wissen von heute“ ein Fehler gewesen. Zugleich betonte sie, man habe den Bau „aus Überzeugung“ unterstützt und korrekt gehandelt. Die Fehlerformel verband sie damit faktisch mit einem Freispruch in eigener Sache.
🗞️ Angriff auf Kritiker Gegenüber Opposition und Medien erklärte Schwesig, zahlreiche Berichte seien „falsch“, „grob verzerrend“ oder „bösartig konstruiert“. Genannt wurden Beiträge von Welt am Sonntag, NDR, Handelsblatt, Business Insider, Cicero, Ostsee‑Zeitung und t‑online. Die Kommunikation zielt erkennbar darauf, die Deutungshoheit zurückzugewinnen.
🗂️ Transparenzbehauptung und Aktenlage Die Ministerpräsidentin verwies auf zigtausende übermittelte Dokumente und E‑Mails – um anschließend festzuhalten: „Sie haben nichts.“ Dem gegenüber stehen dokumentierte Lücken: fehlende Protokolle, gelöschte E‑Mails und SMS sowie die Praxis, heikle Punkte mündlich zu besprechen. Das erschwert eine belastbare Rekonstruktion der Entscheidungswege.
🧩 Strittige Stiftungsidee Mehrere Zeugen aus dem Umfeld der Nord Stream 2 AG sagten aus, die Gazprom‑Rechtsabteilung habe die Idee für die Stiftung entwickelt und den ersten Satzungsentwurf bei Freshfields in Auftrag gegeben. Diese Darstellung widerspricht Aussagen aus der Landesregierung. Die Kernfrage bleibt damit offen, wessen Projekt die Stiftung tatsächlich war.
📅 Unklare Treffen Umstritten bleiben der sogenannte „Blumenstrauß‑Termin“ am 11. August 2020 in der Staatskanzlei sowie ein gemeinsames Abendessen mit Matthias Warnig und Gerhard Schröder am 13. September 2020 auf Usedom. Schwesig bestreitet eine frühe Unterrichtung über die Stiftung; Zeugen widersprechen. Manches könne sie „nicht ausschließen“.
🧭 Politischer Kontext Vor dem Ausschuss betonte Schwesig, Mecklenburg‑Vorpommern habe bis zum russischen Angriff 2022 im Rahmen der bundesdeutschen Linie gehandelt und danach das Aus für Nord Stream 2 mitgetragen. Die Landesregierung verwies darauf, im Interesse der Energiesicherheit und von Arbeitsplätzen gehandelt zu haben, eingebettet in die damalige Bundespolitik und nicht auf einem Sonderweg. Die Deutung ist strittig – zwischen legitimer Standortpolitik und politischer Nähe zu russischen Energieinteressen.
⚖️ Verfahren und Ausblick Mit der Vernehmung Schwesigs ist die Beweisaufnahme im Landtag formal abgeschlossen; der Abschlussbericht wird für Mitte 2026 erwartet. Ob er die widersprüchlichen Aussagen und Dokumentationslücken schließen kann, ist offen.
🎯 Bilanz und offene Fragen Der Auftritt signalisierte Unbeirrbarkeit: standhafte Selbstvergewisserung und Abwehr gegenüber externer Kritik. Konservative Maßstäbe an Verantwortungsbewusstsein und Aktenklarheit wecken Zweifel: Wer Transparenz reklamiert, darf keine Erinnerungs‑ und Aktenlücken hinterlassen. Wer Fehler eingesteht, sollte deren Konsequenzen benennen. Eine „smoking gun“ liegt nicht vor – doch politische Rechenschaft beginnt mit vollständiger Aufklärung.
🗨️ Kommentar der Redaktion Die Verteidigungslinie der Ministerpräsidentin überzeugt ohne lückenlose Aktenlage nicht. Transparenz ist kein Gefühl, sondern ein dokumentierter Zustand, der Protokolle, vollständige E‑Mails und belastbare Nachweise voraussetzt. Der Satz „Sie haben nichts“ ersetzt keine Verantwortungsethik und keine Konsequenzen. Wer Macht ausübt, muss die Kontrollfragen aushalten – auch wenn sie unbequem sind. Der Abschlussbericht 2026 ist Pflicht, doch Vertrauen entsteht erst, wenn Erinnerungslücken geschlossen und Verantwortlichkeiten klar benannt sind.


