📍 Fundort & Fundumstände
In einem Flussbett im brasilianischen Bundesstaat Acre wurde ein Teil eines versteinerten Schildkrötenpanzers geborgen. Das Stück misst rund 1,3 Meter in der Länge und stammt sehr wahrscheinlich von Stupendemys geographicus – einer der größten jemals bekannten Süßwasserschildkröten.
Die Fundstelle liegt mehrere Stunden flussaufwärts von Assis Brasil entfernt und ist seit Längerem für kleinere Fossilien bekannt.
🛶 Aufwendige Bergung „aus dem Nichts“
Die Bergung glich einer Expedition unter Improvisationsdruck:
- Der Panzer wurde vor Ort in Gips eingehaust („gejackt“).
- Für den Transport bauten die Beteiligten eine Behelfsstruktur aus Stöcken auf einem breiteren Boot.
- Die Rückfahrt dauerte fast neun Stunden – inklusive Sandbank-Staus.
- In Assis Brasil passte der Block zunächst nicht in den Lkw und verblieb tageweise privat, bevor er zur Universität weitertransportiert wurde.
🦴 Mehr als nur Panzer
Am selben Fundpunkt kamen Oberschenkel- und Humerusfragmente zutage. Das erhöht die Chance, künftig Teile des Skeletts dieser Riesenschildkröte im anatomischen Zusammenhang zu rekonstruieren.
🔬 Was nun im Labor passiert
Der Block wird derzeit:
- Mechanisch gereinigt (Mikropick, Luftstichel, feine Bürsten).
- Stabilisiert (Konsolidierung brüchiger Zonen).
- Als „Puzzle“ zusammengesetzt; fehlende Partien werden reversibel ergänzt.
- Dokumentiert (3D-Scan/Photogrammetrie), um später Vergleiche mit anderen Stupendemys-Funden zu ermöglichen.
🧭 Paläo-Einordnung: Warum der Fund wichtig ist
- Größe & Ökologie: Stupendemys war eine riesige Flussschildkröte aus dem Miozän/Pliozän. Ihre Ausbreitung liefert Hinweise auf breite, langsam strömende Gewässer, reiche Auenlandschaften und üppige Vegetation.
- Flussnetze von gestern: Vorkommen in Kolumbien, Venezuela – und nun weit im Südwesten Amazoniens – stützen die These, dass es in der Vergangenheit hydrologische Verbindungen zwischen Becken gab, die heute getrennt sind.
- Klima & Lebensräume: Solche Funde helfen, alte Klimabedingungen und Biodiversitäts-Hotspots in der Ur-Amazonasregion zu rekonstruieren.
🧭 Fazit
Ein seltener Großfund aus abgelegenem Terrain – und ein Schlüsselstein für die Paläogeografie Amazoniens. Je besser der Panzer im Labor freigelegt und vermessen wird, desto präziser lassen sich Ur-Flüsse, Lebensräume und Wanderkorridore dieser Giganten nachvollziehen.
✍️ Kommentar der Redaktion
Manchmal erzählen Transportkisten Geschichte: Gipsmantel, Stockgerüst, Sandbänke – genau diese Mühen machen Wissenschaft sichtbar. Für die Region bedeutet der Fund: Weltklasse-Paläontologie findet nicht nur in Museen statt, sondern dort, wo Schlamm, Geduld und Teamarbeit zusammentreffen. Der Wert solcher Expeditionen misst sich nicht allein in Zentimetern Fossil – sondern in neuem Wissen über die größte grüne Lunge der Erde.