Unterzeile: Deutschlands Energiewende schaltet auf Realität: Gas nur noch als strenge Reserve, Wasserstoffnetz braucht Jahre. Die Zeche zahlen Haushalte und Mittelstand.
⚙️ Harte Linie aus Berlin: Gas nur noch als „Brücke – und kurz“
Das CDU-geführte Wirtschaftsministerium unter Katherina Reiche stellt klar: Neue Gaskraftwerke kommen – aber nur als Reservekapazität zur Netzstabilisierung. Politische Botschaft: Weg von Gasheizungen, hin zu Wärmepumpen, Fernwärme und in engen Grenzen Biogas. Wer weiter auf Gas setzt, muss in teure, „wasserstofffähige“ Geräte investieren.
🧭 Wasserstoff-Kernnetz: 9.000 km – voll erst ab 2040
- Geplant sind ~9.000 km Wasserstoffleitungen bis 2032, vielfach durch Umwidmung bestehender Gasrohre.
- Das Fraunhofer IEG erwartet volle Auslastung erst um 2040.
- Kostenrisiko: Die BNetzA hat ein Hochlaufentgelt von ca. 25 €/kW/Jahr festgelegt. Solange das Netz nicht ausgelastet ist, drohen Leerstandskosten – die Netzentgelte für Haushalte und Unternehmen steigen vorab.
Klartext: Das H₂-System braucht Zeit – Rechnungen kommen sofort, Nutzen später.
🧪 Methan im Fokus: Der unterschätzte Klimatreiber
- Methan (CH₄) wirkt über 20 Jahre ~82-mal stärker als CO₂ (IPCC).
- Seit 2024 gilt die EU-Methan-VO (EU) 2024/1787: Messen, melden, reparieren – streng und teuer.
- Ab 2030 müssen Importe Grenzwerte einhalten.
- Laut IEA ließen sich 30–40 % fossiler Methanemissionen sofort und ohne Mehrkosten vermeiden – wenn konsequent gehandelt wird.
Folge: Netz- und Förderbetreiber brauchen Leckage-Monitoring und schnelle Reparaturen. Herkunftsgas mit schlechter Methanbilanz wird teurer – und damit Ihre Rechnung.
🛢️ Abhängigkeit bleibt: Speicher helfen, befreien aber nicht
- ~95 % des deutschen Gasverbrauchs (2023) sind Importe.
- 43 Untergrundspeicher (Arbeitsgas ~23 Mrd. m³) decken ~¼ des Jahresbedarfs.
- Gesetzliche Mindestfüllstände (§ 35e EnWG): 85 % (1.10.), 95 % (1.11.).
- ENTSOG: Ziele 2025 erreichbar – aber LNG-Wettbewerb mit Asien bleibt hart.
Realität: Speicher sind ein Sicherheitsnetz, keine Unabhängigkeit. Preisspitzen auf dem Weltmarkt treffen direkt deutsche Verbraucher.
🏠 Haushalte: Gas ist kein „billiger Alltagsbrennstoff“ mehr
- Politische Leitplanke: Dekarbonisierung zuerst, Gas später/selten.
- H₂-ready-Heizungen sind teurer, Förderkulisse wechselhaft, Gaspreis volatiler.
- Biomethan bleibt Nische (dena: ~10 TWh Einspeisung 2023).
Konsequenz: Planungskosten rauf, Vorhaltekosten rauf, Risiken rauf. Wer heute baut/saniert, fährt mit Wärmepumpe + guter Hülle am berechenbarsten.
🏭 Industrie: Berichtspflichten, Preisschwankungen, Standortdruck
- Methan-Reporting, Netzentgelt-Aufschläge und teures Übergangs-Gas drücken die Marge.
- Beschaffung wandert zu „saubereren“ Herkunftsländern – teurer, aber erforderlich.
- Neue Kapazitäten sichern Versorgung, nicht automatisch Preisniveau.
📌 Was bleibt
Es geht künftig nicht nur um „wie viel Gas“, sondern um „welches Gas, wann und mit welcher Methanbilanz“. Versorgung wird technisch gesichert, Verbrauch muss sinken – sonst frisst die Kostenkurve jede Akzeptanz.
✅ Fazit
Die Zeiten des günstigen Erdgases sind vorbei. Berlin setzt auf H₂-Zukunft und Gas als Notnagel. Das Netz wird vorfinanziert, die Regeln werden strenger, die Importabhängigkeit bleibt – und Haushalte zahlen früher, als die Technik liefert. Wer planungssicher heizen will, verabschiedet sich von Gas.
🗞️ Kommentar der Redaktion
Ordnungspolitisch richtig, sozialpolitisch riskant. Ehrlichkeit hätte bedeutet: Erst H₂-Infrastruktur liefern, dann Verteuern und Verbieten. Stattdessen kommt die Kostenkeule vor dem Komfortgewinn. Die CDU-Linie ist hart – und in der Sache konsequent. Aber ohne Planungssicherheit, schnelle Genehmigungen und echte Entlastungen für den Mittelstand wird die Energiewende zum Standortrisiko. Technologie-Offenheit statt Ideologie – sonst verlieren wir erst Akzeptanz, dann Industrie.