Berlin. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigt den größten Modernisierungsschub im Katastrophenschutz seit Jahrzehnten an. Zehn Milliarden Euro bis 2029 sollen in den „Pakt für den Bevölkerungsschutz“ fließen. Doch Experten warnen: Ohne klare Strukturen, Koordination und den politischen Willen droht die Investition im Föderalismus zu versickern.
💰 Milliarden für alte Versäumnisse
Schon jetzt zeichnen sich Probleme ab: Statt wirklich neue Strukturen zu schaffen, könnte das Geld vor allem dazu dienen, alte Defizite auszugleichen. Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 hat gezeigt, wie Führungsschwäche, mangelnde Abstimmung und Bürokratie Menschenleben kosten können. Doch noch immer gibt es keine einheitliche Strategie von Bund und Ländern.
- Katastrophenschutz = Ländersache
- Zivilschutz = Bundessache
Die Trennung sorgt seit Jahren für Reibungsverluste. Experten wie Oberst d.R. Björn Stahlhut fordern: „Nur mit einem gemeinsamen Plan für Bund, Länder und Hilfsorganisationen kann das System funktionieren.“
🚑 Hilfsorganisationen am Limit
Ob DRK, THW oder Feuerwehren – die Helfer arbeiten längst am Anschlag. Viele Organisationen müssen zunächst eigenes Geld vorstrecken, bevor Länder oder Bund später Rechnungen begleichen. Ein fester Etat für Hilfsorganisationen könnte die Einsatzbereitschaft drastisch verbessern – ist aber nicht vorgesehen.
Das DRK kritisiert: „Es wird nur an Stellschrauben gedreht, statt das System grundlegend neu aufzustellen.“
📊 Fehlende Bestandsaufnahme
Eines der größten Probleme: Niemand weiß genau, was an Personal und Material tatsächlich vorhanden ist. Laut Prof. Martin Voss (FU Berlin) sind viele Zahlen „Geisterzahlen“ – Helfer tauchen doppelt in Statistiken auf, Fahrzeuge werden nicht zentral erfasst.
Ohne realistische Bestandsaufnahme wird jede Reform zum Blindflug.
🌍 Vernetzung statt Behörden-Denke
Die Experten sind sich einig: Katastrophenschutz braucht nicht nur Geld, sondern Vernetzung – zwischen Behörden, Hilfsorganisationen, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. In einer Demokratie dürfe Sicherheit nicht allein in der Hand von Behörden liegen.
Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes Karl-Heinz Banse fordert: „Bessere Ausbildung, länderübergreifende Führungsstäbe und ein neues Bewusstsein in der Bevölkerung. Früher wusste man, wie man sich selbst schützt – heute verlässt man sich zu sehr auf die Feuerwehr.“
📝 Fazit
10 Milliarden Euro klingen nach einem großen Wurf – doch ohne echte Reformen droht das Geld nur Löcher der Vergangenheit zu stopfen. Bürokratie, Föderalismus und fehlende Führung sind die eigentlichen Probleme. Wird das nicht angegangen, bleibt der „Pakt für den Bevölkerungsschutz“ ein teurer Papiertiger.
🖊️ Kommentar der Redaktion
Es ist typisch für Deutschland: Milliarden werden angekündigt, doch Strukturen und Verantwortlichkeiten bleiben unklar. Wer Menschen im Katastrophenfall schützen will, darf nicht in Kommissionen und Papierbergen versinken, sondern braucht klare Zuständigkeiten, schnelle Entscheidungen und echte Einsatzbereitschaft. Geld allein rettet keine Menschen – Führung schon.